Die kalte Wahrheit

[Erich Kykal]

Manchen ist die Welt voll Wärme,
und sie wurzeln in der Zeit.
Wie die Vögel bilden Schwärme
sie in Gottgeborgenheit.

Ihre Lieder jubilieren
allen Sommersonnen zu,
so als wären es die ihren
in zutiefst vertrauter Ruh.

Ach, ich kann wie sie nicht singen!
Mein Gekrächz erklingt allein.
Kann mir selbst nicht Sonne bringen,
kann wie sie nicht gläubig sein!

Meine Bitterkeit erhören
nur die Winter, blass und kühl;
Wahrheit kann sie wenig stören,
denn sie wärmen kein Gefühl.

Darum lasst, ihr weißen Wangen
frischen Schnees mich an euch schmiegen!
Lasst mich, dem nie Lieder klangen,
kalt in eurem Troste liegen!

[a.c.larin]

die frohe wahrheit

andernorts wohl unverstanden
fühl ich hier wie dort die weisen,
deine töne, die ganz leisen,
welche traumwärts manchmal reisen-
nie kommt mir die spur abhanden.

andernorts hat man verloren
jenen sinn für feine schliffe
- oder ist grad im begriffe -
ihn zu opfern, rüde kniffe
wurden plötzlich auserkoren.

nirgendwo ist eine insel!
überall dräut niederung.
kunst wählt als erwiderung
die besinnung auf sich selbst:
ihre feder, ihren pinsel.


was ist, kann nicht verloren gehn.
liebe grüße, larin

[Erich Kykal]

Hi, larin!

Wunderbar, dein Antwortgedicht! Auch wenn ich in meiner augenblicklichen Lebensphase (depressiv und wintermüde) eher keinen Draht zu Optimismus und Lebensfreude finde, schätze ich doch deine herrliche Wort- und Reimgewandtheit zutiefst! Dieses Beispiel hier hätte es durchaus verdient, in einem eigenen Faden publiziert zu werden, unter deinem Namen!

LG, eKy

[a.c.larin]

lieber erich,

was ein mensch gibt, das macht ihn nicht ärmer!

was ich dir als persönliches präsent zugedacht habe ( weil dein schönes gedicht anderswo blöd kommentiert wurde - und dazu möchte ich da wie dort gar nichts weiter sagen  )  das darf hier verbleiben!
(mein name steht ja sowieso an der seite )

ich kann deine worte verstehen, weil ich sie spüren kann.
herz ist trumpf!

bis zur schneeschmelze allerwärmsten gruß,
larin

[cyparis]

Lieber Erich Kykal,


ein wahrhaft düsteres Gedicht!
Ein Kleinod - wie von dir zu erwarten -
dessen letzte Strophe mich sehr berührt. Welch feiner, delikater Satzbau!


Lieben Gruß
von
cyparis

[Erich Kykal]

Vielen Dank, werte Forumsherrin!

Dieses Gedicht entstand aus einer Winterdepro heraus. Da WOLLTE ich nichts mehr fühlen müssen, weil es nichts Angenehmes zu fühlen gab. Das sonnige Gemüt, das andere heiter und oberflächlich "zur Schau stellten", widerte mich an ob des mangelnden Tiefgangs ihrer Weltsicht. Vielleicht hatte ich zu tief gegraben und fand nur Dreck. Wäre ich wie die "anderen" an meiner Oberfläche geblieben, ich hätte mir manchen Schmerz erspart - aber auch manche wichtige Einsicht.
Wie heißt es so schön? Mit dem Wissen bin ich nicht mehr unbeschwert, aber ohne es hätte ich wohl gar kein Gewicht!

LG, eKy

[cyparis]

Lieber Erich Kykal,

d a s  ist es, was ich an Deinen Gedichten so liebe:
Sie gehen in die Tiefe, an das wahre Empfinden.
Sie rühren auf.
Was man in tiefen Gewässern  versenkt glaubte, wird aufgewühlt.

Dafür Danke ich Dir Mal für Mal!

cyparis

[Erich Kykal]

Eins meiner ganz alten ... - ach, lang ist's her.

LG, eKy

[gummibaum]

Schön, lieber Erich,

der Kontrast zwischen beseligtem und der von der Wahrheit ernüchtertem Leben. Immerhin findet das zweite im Winter Entsprechung. (2010 hatte er ja noch weiße Wangen.)   

Sehr gern gelesen.

Grüße von gummibaum




   

[Erich Kykal]

Hi Gum!

Also hier auch - ich meine die weißen Wangen. Heute hat's bei mir etwa 15cm runtergehaut, und auch die Woche davor war es schon weiß gewesen.

Danke für die neuen Worte zum alten Leid! 

LG, eKy