Autor Thema: Moloch  (Gelesen 1456 mal)

Erich Kykal

Moloch
« am: Januar 31, 2011, 13:12:57 »
Da liegt er, aufgeschlagen wie ein Buch der Dinge,
mit eiterfeuchtem Leib und suhlt sich in der Nacht,
und wie in Venen strömen große Seelen und geringe
durch helle Gassen, die sein Glutenherz entfacht.

Wie Gräbermarmor, der die Sterne widerspiegelt,
wo sie noch nicht vor seiner Lichtergier verblassten,
reckt er Fassaden hoch, die, wie mit Glanz gesiegelt,
so tun, als ob sie nach denselben Sternen fassten.

Sein fauler Atem weht wie Raunen durch die Knochen,
die ihm einst Menschenhand aus Ziegelstein erbaute,
und wen er streift, schweigt wie an dem zerbrochen,
was er an Hochmut, Schuld und Lügen darin schaute.
« Letzte Änderung: August 26, 2020, 22:18:11 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Moloch
« Antwort #1 am: Februar 08, 2011, 12:24:43 »
Lieber Erich Kykal -

unglückselige Umstände ließen mich jetzt erst dieses großartige Gedicht entdecken.
Welche Stadt mag gemeint sein?
Als Landmensch habe ich nur Frankfurt a.M. etwas näher kennengelernt, aber sie war damals noch einigermaßen ländlich, nicht zum Moloch mutiert.
Gleichviel:

Knochen - erbauten gefiele mir besser, da Knochen hier im Plural steht.

Ich bin - was sonst? - wieder einmal von Deiner Wortgewalt hingerissen!
Das klingt und schwingt in einer Düsternis, die ihresgleichen sucht!
Ein dunkler Akkord.


cyparis -  Anne

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Moloch
« Antwort #2 am: Februar 09, 2011, 10:19:17 »
Hi, cypi!

Da sitzt du leider einem Lapsus auf: "erbaute" bezieht sich hier ja auf "Menschenhand", und das ist eindeutig ein Singular!

Ansonsten vielen Dank - wie immer - für deine ermutigenden Worte!

Im Augenblick mangelt es mir etwas am "Gefühl" für innige Gedichte, daher muss die Sprachgewandtheit ersetzen, was den Gedichten an innerer Kraft fehlt...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Moloch
« Antwort #3 am: Februar 09, 2011, 12:07:51 »
Du siehst mich schamrot!
Wie konnte mir einer solcher Lapsus passieren!
Ich war wohl wieder einmal berauscht vom Wohlklang Deiner Strophen...


cyparis
« Letzte Änderung: Februar 11, 2011, 18:21:15 von cyparis »
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Erich Kykal

Re:Moloch
« Antwort #4 am: Februar 11, 2011, 13:17:59 »
Hi, Cypi!

Ich werde dich nicht "seihen", bis du schamrot bist! Hab kein Sieb, das groß genug wäre... ;) :D :-*

Meine Strophen als Rauschmittel...kann das gesund sein!? Nein, Scherzerl am Rande! Berausche dich nach Herzenslust!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Moloch
« Antwort #5 am: Februar 11, 2011, 18:22:03 »
Ich werde wohl besser eine Zeitlang die Finger von der Tastatur fernhalten! :o
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a.c.larin

  • Gast
Re:Moloch
« Antwort #6 am: Februar 13, 2011, 12:59:59 »
Nimmt man dem "Moloch" bloß ein o,
dann fürchtet man sich gar nicht so
vor diesem Ding, wärs auch ein Strolch!
Wär hat denn Angst vor einem Molch?   :D

Wirst du mich für den Vers erdolchen?
Ich lebe doch in einer solchen,
die du beschrieben hast voll Grauen.
(Man könnt auch freundlich darauf schauen)

Die Stadtluft machte einstmals froh,
weil frei. Der Landmief ebenso
kann dir das Leben krass vermiesen,
denn überall gibts Zwerge, Riesen!

Doch ich verstehe: Was arg lärmt,
sensibles Denken stört, verhärmt.
Auch Blechlawinen soll man meiden!
Doch merk ich an, mal ganz bescheiden,

dass dieser böse "Moloch Stadt"
auch angenehme Seiten hat:
Theater, Kino, Stadtcafe,
Museen, Parks zum Defilee,

Lokale, Shops und alte Plätze,
kulturhistorisch rare Schätze,
und letztlich - dass mans nie vergäße-
auch mich und meine dummen Späße!

Ich schrieb der Stadt ein memorandum,
quod erat, Erich, demonstrandum!     ;D ;)

Erich Kykal

Re:Moloch
« Antwort #7 am: Februar 16, 2011, 14:13:56 »
Hi, Larin!

Das "Memorandum" schreibt man groß
auf Deutsch, ist's auch lateinisch bloß.
Mal abgesehn von solchen Schwächen
krankt an gar vielerlei Gebrechen

dein Text, wie deine große Stadt:
Gestank und Lärm ist, was sie hat,
Gedrängel, anonym, Gewusel,
Penner voller Schmutz und Fusel,

Broschürendrücker, Eckensteher,
Schnorrer, Stalker, Dreckandreher,
Rinnsteinschwalben, Drogendealer,
Messies und Im-Müll-Rumwühler,

doch die schlimmsten Idioten
wohnen stets: Gleich nebenan!
Ach, die Stadt gehört verboten,
dann sind alle besser dran!
« Letzte Änderung: Februar 23, 2011, 15:23:34 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.