Autor Thema: Das erste Semester  (Gelesen 1120 mal)

gummibaum

Das erste Semester
« am: April 13, 2023, 14:56:43 »
Der Blick aus seinem kleinen Fenster
zeigt ihm die gutgelaunte Stadt.
Im Wohnheimzimmer sind Gespenster
und setzen seinen Willen matt.

Er wird mit jedem Lachen trüber,
dass aus den nahen Gärten schallt.
Es streift ihm hämisch Fesseln über
und macht die Jugend in ihm alt.

Die Formeln aus den Skripten streifen
in Totenhemden durch sein Hirn.
Zu knöchern, um sie zu begreifen,
er friert mit fieberheißer Stirn.

Er hockt im Licht der warmen Strahlen
der Sonne, die schon flacher steht.
Das Zimmer eng, die Brust von Qualen
gesättigt und ein Herz, das fleht.

Er steigt erwartend Treppen nieder.
Der Kasten ist noch immer leer.
Er wankt hinauf und schreibt ihr wieder
und schöpft aus seinem Tränenmeer.

Erklärt ihr vag, er möchte sterben.
Zerreißt dann mutlos seinen Brief.
Sein Herz ist angefüllt mit Scherben,
doch keine schneidet tödlich tief.

So geht es viele lange Tage,
dann kommt ihr Brief mit kurzem Satz.
Er liest ihn fast wie eine Sage:
„Zieh um zu mir -  hier ist dein Platz …“

« Letzte Änderung: April 18, 2023, 03:23:34 von gummibaum »

Sufnus

Re: Das erste Semester
« Antwort #1 am: April 19, 2023, 20:24:39 »
Hey gum!
Eine äußerst erbauliche Ballade von einer gar wunderbaren Errettung. Das gefällt mir richtig gut!
Geht die Geschichte dann auch so schön weiter? (bittebitte, sag ja!) :)
LG!
S.

gummibaum

Re: Das erste Semester
« Antwort #2 am: April 22, 2023, 22:49:07 »
Danke, lieber Sufnus,

für dein positives Echo. Ja, der Student kam nach dem Umzug in die Lebensgemeinschaft viel besser klar.

LG g