Autor Thema: Auf einen jung verstorbenen Dichter  (Gelesen 1445 mal)

Sufnus

Auf einen jung verstorbenen Dichter
« am: Januar 17, 2019, 18:32:41 »
Und noch was Älteres... :)

Auf einen jung verstorbenen Dichter

Dein Zeichen auf dem Weg zum Wort
entsagt dem zeitversehrten Laut
und pflanzt im leiseren Verreisen

sich durchs Vergessen weiter fort.
Und was dem Bleiben anvertraut,
wird sich als unzerstört erweisen

vorm nie gehörten Klang der Welt,
bis unsre Zeit den Atem hält
und still zu Geist zerfällt.
« Letzte Änderung: Oktober 06, 2022, 15:04:54 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Auf einen jung verstorbenen Dichter
« Antwort #1 am: November 25, 2021, 22:56:48 »
Hi Suf!

Warum dies wohl unkommentiert versickerte? Unverdient allemal - ein sehr schönes Werk über den - unerlebten - Ruhm der Nachwelt für einen zu früh verstorbenen Poeten.

Nur dies verkürzte letzte Zeile hat mich gerade am sensiblen Ende aus dem Takt gerissen und hinterließ mich unerfüllt, unzufrieden - wie nach einem Koitus interruptus. Da fehlt einfach was zum guten Schluss! Ist das so gewollt, um genau dies auszusagen - eben "zu früh abgebrochen" wie der tote Dichter?

Für diesen Effekt und Gedankengang eine saubere Metrik zu opfern, erscheint mir als musikalischem Menschen ungerechtfertigt und übertrieben "kopflastig". Mir wäre ein durchgehaltenes Schema jederzeit lieber.

Abgesehen von diesem Detail sehr gern gelesen (wenn auch spät ...  ::) - sorry)!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Auf einen jung verstorbenen Dichter
« Antwort #2 am: November 26, 2021, 06:15:19 »
Hi Sufnus,

mir gefällt dein Gedicht auch.
Ich erlebe dessen Schluss anders: Wenn man es halblaut liest  und dabei langsamer wird, passt das genau zum sich verlangsamenden Tempo am Lebensende....

Sehr schön ausformuliert, mit leiser Trauer für das Ungehörte.

Warum ist das wohl so?
Liegt das am - zumeist aufgeblasenen - Ego des Menschen, daran, dass ALLE gehört werden wollen, aber nur wenige bereit und imstande sind, auch zuzuhören?

Und wenn etwas schwierig oder nur schwer vorstellbar ist, ist der Sender da seiner Zuhörerschaft nicht um einige Entwicklungsjahre voraus? Kommt wohl öfter vor, denke ich.

Man denke z.B an das Thema "Klimawandel" - das wurde schon lange aufgezeigt.
Auch die Möglichkeit eines pandemischen Ausbruchs haben manche Wissenschafter schon Jahre zuvor in Betracht gezogen.
Wollten wir ihnen glauben schenken? Nein.
Die Erfahrung lehrt uns Anderes.
Tja - hinterher ist man immer gescheiter.

Außerdem ist das wie beim Wandertag: Die "Speerspitze" voran, das "Fußvolk" zeitversetzt hinterdrein, die "Nachzügler" mühseligst im Schlepptau habend.....
Und weil wir alle so beschäftigt sind mit dem Vorankommen, verlieren einige von uns dabei den Rucksack, die Schuh oder das Jausenbrot - und ein paar hübsche Blumen werden vielleicht auch noch zertreten!

Ach, Menschheit! Wie ringt sie mit ihrem eigenen Unvermögen!

Du hast dem ein würdiges Denkmal gesetzt.

Lg, larin

Sufnus

Re: Auf einen jung verstorbenen Dichter
« Antwort #3 am: Oktober 06, 2022, 15:10:04 »
Lieber eKy, liebe Larin!
Da habt Ihr was ziemlich Altes von mir ausgegraben und ich bin eine Rückantwort schuldig geblieben... dafür grabe ich dann eben jetzt Eure Kommentare aus!  ;D
Also vielen lieben Dank für Eure Anmerkungen - die Verkürzung der letzten Zeile war tatsächlich Absicht und keine Nachlässigkeit, auch bei Wiederlesen mag ich persönlich das hier lieber als eine "stur" (no offence ;) ) durchgezogene Einheitsmetrisierung. Dafür schau ich jetzt schwer gegen das "... den Atem hält" an... was hab ich mir denn da gedacht? "Den Mund halten" geht oder "Den Atem ANhalten", aber der gemischte Ausdruck ist schon... ähem.... kühn... aber grad fehlen mir Kraft & Idee zum Handanlegen... ;)
LG!
S.