Autor Thema: Fanatiker  (Gelesen 657 mal)

Erich Kykal

Fanatiker
« am: Dezember 26, 2021, 11:40:50 »
Wir wissen, dass es herzenskalte Menschen gibt,
massakernde und reulos meuchelnde Idioten,
die sich ein Fühlendes für andere verboten,
allein abstrakt in eine Utopie verliebt.

Sie stellen Politik und Glauben über alles
und zehren einzig vom Erdachten der Idee.
Sie wollen heilen, aber tun der Welt so weh,
Verbündete des Untergangs und des Verfalles.

Sie morden kleine Kinder gar in ihrem Wahne,
dass ihre hehre Botschaft einzig Heil nur bringe,
und mit Gewalt allein das große Werk gelinge,

daran sie bremsenlos fanatisch sich verschrieben.
Sie beten glühend zwar zu irgendeiner Fahne,
im Herzen aber sich sie ganz allein geblieben.
« Letzte Änderung: September 02, 2024, 15:42:28 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Fanatiker
« Antwort #1 am: Dezember 27, 2021, 00:41:31 »
Lieber Erich,

wieder eine treffende Charakterisierung von Menschen, die meinen, alles und alle von einer Idee aus retten zu können und zu müssen, und es  unnachgiebig und immer grausamer praktizieren. Ihnen fehlt das Gefühl für den eigenen Wert und sie empfangen es von etwas Absolutiertem.

Sehr gern gelesen.
Grüße von gummibaum

Erich Kykal

Re: Fanatiker
« Antwort #2 am: Dezember 27, 2021, 11:36:17 »
Hi Gum!

Verallgemeinerung, Intoleranz, Entmenschlichung, Fanatismus, Hass in Ab- und Ausgrenzung, Brutalität, Herzenskälte, Rudelbildung, Kadavergehorsam - all diese Eigenschaften führen zu Soldaten, die Zivilisten hinrichten, bloß um eine Botschaft an Rebellen zu vermitteln, oder weil ihnen schlicht der Genozid befohlen wurde, oder zu Terroristen, die sich im Namen ihres Gottes in Kindergärten oder Schulen in die Luft sprengen.
Aber Vorsicht: Der Name macht die Perspektive! Aus Kadavergehorsam wird Hingabe, aus Rudelbildung Gemeinschaft, aus Herzenskälte und Brutalität Entschlossenheit, aus Abgrenzung wird Überlebenswille, Fanatismus wird zu Überzeugung oder wahrem Glauben, Entmenschlichung zur gerechten Verurteilung der Schuldigen, Intoleranz zum Erkennen des Bösen, Verallgemeinerung zu klarer Weltsicht. Zumindest, wenn man die Überzeugten und ihre Überzeuger fragt ... - die wenigsten braven Soldaten einer Sache sind Psychopathen und Sadisten, die meisten halten ihre "Mission" tatsächlich für rein und edel, und die Mittel für gerechtfertigt, da sie ja keine menschlichen Wesen treffen, sondern den abgrundtief bösen, verderbten Feind, oder die mindere Lebensform rassisch Unterlegener oder Ungläubiger - dumm, verrannt oder gehirngewaschen wie sie sind.

All dieser Müll, der mit Verallgemeinerung und Angst beginnt, steckt in den meisten von uns tief drinnen, ist zutiefst menschliches Verhalten, gesteuert von Primärinstinkten. Wenn gute Bildung und Wertevermittlung fehlen, wenn mit Horrorbildern Angst und Verunsicherung geschürt werden, dann findet sich immer rasch ein führungswilliger Egomane, der bereit ist, auf genau dieser Klaviatur zu spielen, um Macht zu erlangen und um sich herum so weit wie möglich eine Welt zu erschaffen, wie er sie ausschließlich kennt und für einzig lebenswert hält: Eine Welt, wo einzig Macht zählt.
Dazu macht er die naiven Verführten zu Mitschuldigen, sodass keiner mehr auszusteigen wagt, lieber mit auf Unschuldige einprügelt oder schießt, lieber sich immer weiter selbst von der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Idee und seiner Mittel überzeugt, nur um sich nicht dem stellen zu müssen, was er anderen angetan hat, und wieviele Unschuldige er tot zurückließ.
Du hast dazu einen sehr guten Satz geschrieben: Ihnen fehlt das Gefühl für den eigenen Wert und sie empfangen es von etwas Absolutiertem. So fängt es immer an, und vor allem junge, noch instabile und unzufriedene Menschen sind besonders empfänglich für Radikalismus und einfache Schwarz-Weiß-Welten mit wenig Denk- und Gefühlsaufwand: Entferne nur den einzig Schuldigen, und alles wird gut! Wenn das ein ganzes Volk oder eine andere Kultur ist, auch gut. Sind ja alle böse und verdorben dort und selbst schuld!

Traurig, eKy
« Letzte Änderung: Dezember 27, 2021, 11:39:47 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.