Autor Thema: Sic transit gloria mundi  (Gelesen 690 mal)

Erich Kykal

Sic transit gloria mundi
« am: Dezember 23, 2023, 12:55:34 »
Und als ich wanderte durch die Wüste,
erreichte ich eine einsame Quelle.
Darüber stand eine marmorne Büste
wie selbstverständlich an dieser Stelle.

Und als ich trank unter ihren Blicken,
da war mir, als sollte ich sie erkennen,
und unter allen verlornen Geschicken
erwählt sein, ihren einstigen Namen zu nennen.

Und ich legte mich an den Wassern nieder
und träumte von nichts außer schattigen Bäumen,
und nach einer Weile erwachte ich wieder
und ging davon, um woanders zu träumen.

Und ich wanderte weiter durch die Wüste,
und meine Tage waren einsam und leer
Und irgendwo hinter mir lag diese Büste,
und ich lebte weiter und erinnerte mich nicht mehr.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Emilie

Re: Sic transit gloria mundi
« Antwort #1 am: Dezember 23, 2023, 21:46:25 »
Lieber Erich,

das ist ein wunderschönes und tiefgründiges Gedicht. Es scheint, dass es die Vergänglichkeit und den Flüchtigkeit des Ruhms und der Erinnerung thematisiert, ganz im Einklang mit der Bedeutung von "Sic transit gloria mundi". Die Darstellung der vergessenen Büste in der Wüste scheint als kraftvolles Symbol für die Vergänglichkeit aller Dinge zu dienen, selbst derjenigen, die einst bedeutend waren. Es scheint außerdem eine Reflexion über die Natur des menschlichen Gedächtnisses zu sein, und wie schnell wir Dinge vergessen, die einst wichtig waren. Ein sehr berührendes Werk.

Magst du mir bei dem Metrum unter die Arme greifen, Erich?

Lg E.

Erich Kykal

Re: Sic transit gloria mundi
« Antwort #2 am: Dezember 23, 2023, 22:43:30 »
Hi Em!

"Und ob ich schon wanderte im finstern Tal ..."

Es ist dieser salbungsvolle 'religiös' pathetische Duktus, wie ihn die Bibel so gerne und oft aufweist. Wenn er einen eigenen Titel hat, kenne ich ihn nicht. Ich habe beim Schreiben auch nicht auf die exakte Einhaltung geachtet, sondern ließ mich eher von meinem akustischen Bauchgefühl leiten. Es sollte eben klingen wie aus einem 'heiligen Buch', die ja so gerne 'Ewigkeit' propagieren, dabei schaffen sie es nicht einmal, die eigene Legende oder gar Botschaft stringent über die Jahrtausende zu retten, was auch daran liegt, dass die meisten heiligen Bücher Sammelsurien unterschiedlichter Autoren aus diversen Jahrhunderten sind, sodass es Auslegungssache bleibt, was sie aussagen sollen, je nachdem, wer gerade die Deutungshoheit innehat.
Bei Fanatikern klingen Bibel oder Koran vollig anders als bei liberaleren Gemütern, oder?

Menschen können sich kaum vorstellen, wie ihre Vorfahren kaum hundert Jahre zuvor an der gleichen Stelle gelebt haben, verfassen aber 'ultimative Wahrheiten' und reden von 'ewiger Erinnerung'! Menschen streben bedürftig nach Ruhm, auch dem der Nachwelt, und sind kaum ein paar Dekaden später vergessen. Die wenigsten überdauern Jahrhunderte oder gar Millennien, und das dann nur als historische verzerrte Bilder! Was für eine Hybris ist des Menschen Streben nach Ewigkeit!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.