Autor Thema: Neue Perspektiven  (Gelesen 1120 mal)

Ingo Baumgartner

Neue Perspektiven
« am: Juli 02, 2010, 12:43:30 »


Ich freue mich an schönen Dingen,
du findest sie zuhauf um dich.
Den Reiz ins beste Licht zu bringen,
zu wählen, das bemüh ich mich.

Man liegt im Gras, ein Buch zur Seite,
da wächst ein Wunderbild heran.
Dein Blick erfasst zuerst die Weite,
dann zieht ihn erst die Nähe an.

Den roten Mohn durchdringen Strahlen,
die Seidenhaut wird transparent.
Des Grases zarte Rispen fahlen
im Gegenlicht zum Firmament.

Man ist geneigt, an Trug zu glauben,
an Korrektur von Malerhand.
Die neuen Perspektiven rauben
der Wirklichkeiten Echtbestand.

Wie unvergleich aber dringen
die Winkelbilder ins Gemüt.
Ich hör die Fee im Mohnrock singen,
zum Dank, ich habe mich bemüht.

cyparis

Re:Neue Perspektiven
« Antwort #1 am: Juli 02, 2010, 16:18:10 »
Lieber Ingo Baumgartner,

ja - wie wahr! Und noch nicht einmal die herrlichen Düfte sind erwähnt, das würde evtl. das Gedicht sprengen.

ausnahmsweise habe ich 2 Anregungen:

"Dann erst zieht ihn die Nähe an"
gefiele mir besser als Deine Wendung.

"Ich hör die Fee im Mohnrock singen
zum Dank: Ich habe mich bemüht."

Wie gesagt, nur subjektiv.
Ansonsten:
Wie immer ein sehr schönes Naturgedicht nach meinem Herzen.


Lieben Gruß
von
cyparis


Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

a.c.larin

  • Gast
Re:Neue Perspektiven
« Antwort #2 am: Juli 09, 2010, 23:50:56 »
lieber ingo,

der blick in dein miniversum ist zauberhaft!
fast kann ich die gräser und blumen spüren und riechen.... :)

abgetaucht und in ferienstimmung,
larin

Erich Kykal

Re: Neue Perspektiven
« Antwort #3 am: Juli 17, 2021, 11:15:06 »
Ach, der gute Ingo! Auch einer von denen, die uns verlassen haben - für immer und zu früh!  :'(

Da möchte ich doch seine Werke mal wieder ein wenig zu Ehren kommen lassen, wie dieses, das ich damals wohl nie gefunden habe.

Die ersten drei Str. gefallen mir ausnehmend gut, die letzten beiden allerdings fallen qualitativ ein wenig ab. Manches wirkt ein wenig dem Reim zuliebe hingebogen, wie zB "Echtbestand". Hierbeo erschein der gesamte Satz doch ziemlich gedrechselt: "Die neuen Perspektiven rauben der Wirklichkeiten Echtbestand". Für Prosa gut formuliert - aber lyrisch scheint mir dieser Satz nicht zu sein.
Ein wenig stieß ich mich auch am Begriff "Winkelbilder", der mich eher an Spiegeltricks, geometrische Zeichnungen oder Stadtgassen erinnert als an eine Naturszene.

Etwas verwirrend auch die Conclusio: Wem gilt der angesprochene "Dank"? Singt die Fee zum Dank? - in diesem Fall ist das Komma am Ende der vorletzten Zeile falsch. Und worin oder wofür genau hat sich das LyrIch "bemüht"?
Meint es sein ganzes Leben - oder nur die Qualität der vorhergehenden Verse zu Beschreibung eines magischen Augenblicks? Liest man erneut, findet man die Lösung am Ende von S1 - aber da klafft die "Schere" wirklich extrem weit auf! Ohne erneutes Lesen zur Erhellung hätte mich die Conclusio nur leicht verwirrt und ob dieser Verwirrung indigniert zurückgelassen.

Nun, vielleicht habe ich mich nur mehr als andere Leser in der schönen Sprache und den romantischen Bildern verloren, die sie beschwört, und nur mir erscheint die Bezugsklammer zu weit gespannt.

Insgesamt ein sehr schönes Werk, das mehr Beachtung verdient gehabt hätte, als Ingo noch unter uns weilte. Allerdings hat er selbst nie hier kommentiert - warum wohl? Das wird seine Sache bleiben ... vielleicht hat er diese Publikation einfach selbst vergessen - sehr zu Unrecht, wie ich finde!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.