Hi!
Ein vierhebiger Trochäus mit Kreuzreim und abwechselnden weiblichen und männlichen Kadenzen. Kommt uns das bekannt vor? Dazu gleich.
Zuvor ein paar Gedanken zum Inhalt, den finde ich nämlich wahrlich erhebend - vor allem die erste Strophe zeigt einen regelrechten Jubelgestus. Man schaue sich nur die Signalworte jeder Zeile an: Flügel - Geist - Leichtigkeit - Auftrieb. Das ist ein Gesang für optimistische Luftgeister und Stimmungsaeronautiker. Die zweite Strophe ist im Vergleich hierzu um ein kaum Merkliches eingedunkelt. Die mutmachenden Parolen der ersten Strophe landen eben nur
manchmal in Köpfen, in denen sie Räume für etwas Neues eröffnen können. Auch die Wiederholung der Reimendungen aus S1Z2/4 erzeugt eine ganz leichte Verengung und Entschleunigung des Überschwanges der ersten Strophe. Und schließlich endet das Gedicht mit drei Punkten, wo doch inhaltlich auch ein Ausrufezeichen setzbar gewesen wäre - die Stimme der zweiten Strophe scheint also dem Hoffnungsgesang nur bedingt über den Weg zu trauen.
Und doch ist es ein der Zukunft zugewandter Gesang, nur eben der Gesang eines denkenden Kopfes, der die Warnung, es könne auch alles anders und schlechter ausgehen, nicht völlig ausblenden möchte. Warum also halte ich hier an der optimistischen Lesart fest? Weil die oben erwähnte Form zwei Vorbilder hat, die es in sich haben: "Auferstanden aus Ruinen" und "Freude, schöner Götterfunken". Hören wir nicht beim Lesen von gums Zeilen, den Beethoven'schen Chor? Alle Menschen werden Brüder, wo Dein sanfter Flügel weilt.
Danke, lieber gum, für diese Zeilen!
S.