Hi Hans!
Das Spiel: Wer hat das tollste, aufwändigste Grab mit der intensivsten Pflege? Der muss auch seinen Verstorbenen am meisten und treusten geliebt haben! Der muss dann auch eindeutig der beste Mensch, der bravste Bürger sein! Welch anderes Kriterium könnte es geben!?
Hab ich nie mitgespielt. Ein Grab ist für mich nur ein kulturell anerkannter Restecontainer. Steinplatte druff und fertig. Um meiner Toten zu gedenken, habe ich nie eine bestimmte Stelle gebraucht.
Aber es gibt eben solche Menschen, die ihr einsames Überdauern oder den Verlust nicht verwinden können und täglich den Ort des Gedenkens aufsuchen, um neu zu trauern und in ihrem Schmerz wühlen zu können. Sie sprechen mit den Verlorenen, als könnten diese alles hören, unfähig, vom Gewohnten zu lassen, sich einem veränderten Universum durch Veränderung zu stellen. Wie Flagellanten, die sich täglich mit Erinnerung geißeln, mit begraben in Verlustschmerz, bis zuletzt unfähig, sich aus der rituellen Konservierung des Gewesenen zu lösen.
Und ja - einige "trauern" sicher theaterreif, damit alle anderen im Dorf oder Viertel es sehen können - wie gut und angepasst klischeehaft partnertreu sie sind. Aber diese Unwahren waren im obigen Werk nicht gemeint.
Das Gedicht richtet sich übrigens nicht gegen Trauerarbeit an sich - nur wider das endlose Verharren darin, so als verpflichte der Verlust den Überlebenden zur leidvollen Buße und irdischer Entsagung bis zum eigenen Tod. Königin Viktoria von England war ein gutes Beispeil dafür ...
LG, eKy