Hi Suf!
Toll! Vor allem die Conclusio, der letzte Satz. Die gesellschaftliche Verflachung und Betäubung durch Oberflächlichkeiten einerseits, die innere Vereinsamung und Isolation andererseits trefflich bedichtet. Der neue Biedermeier!
Auch das "Brav-Bürgerliche und Getreulich-Angepasste" kommt nicht zu kurz: Sehr schön erwähnt durch die Bilder in S1Z2 und 3.
"FOMO" musste ich erst nachschlagen, diese neumodischen Abkürzungen sind mit zuwider - derlei Sprachschlampereien sind die Schuld der Daddelgeneration: zu faul zum Tippen!
Nun, ich muss mich an der eigenen Nasenspitze nehmen: Ich, obschon gewahr der Degeneration, isoliere mich seit Dekaden mehr und mehr von der Welt, scheue tiefere Beziehungen wie der Teufel das Weihwasser und unterhalte mich in literarischen Fluchtwelten oder schaue Dokumentationen, Filme und Serien.
So gesehen kam Corona meinem Lebensstil sogar entgegen, weil man mich nun nicht mehr als seltsamen Einsiedler und Sonderling betrachtet, sondern als vorbildlichen Erfüller staatlicher Vorgaben mit offensichtlich unkorrumpierbarem sozialem Gewissen!
Die "kleine Welt" - für viele eine Wunschvorstellung, vor allem, wenn sie auch noch "heil" sein darf. Aber ist es von Übel, sich das zu ersehnen? Betrachte es mal so: Ein ruhiger, stabiler Ort, wo man sich nicht vorsehen muss, wo man vertrauen kann, wo man ehrlich und respektvoll miteinander umgeht, Regeln einhält, die allen nutzen, und sein kann, was man ist, ohne dass jemand die Nase rümpft oder sich in Hasstiraden ergeht.
Wann wird der Mensch es wohl je schaffen, diese kleine Welt zu seiner großen auszudehnen, ohne Rassismus, Vorurteile, Hass, Kriminalität, Diktatoren und Unterdrücker, wirtschaftlich wie politisch? Wohl nie ...
Also braucht er diesen Fluchtpunkt, dieses Nestdenken, zumindest als Ausgangspunkt und sichere Basis. Sich ganz und gar dorthin zurückzuziehen, so wie ich zB., steht dem, der die Welt noch verändern und beeinflussen will, nicht gut an. Ich empfinde mich als alt und krank genug, um mich nicht mehr zu messen oder umtun zu müssen. Ein paar Gedichte zur Welt ab und zu, das soll genügen. Und im inneren Zirkel meines Daseins war es ohnehin immer metaphorisch gesprochen schlecht möbliert und kaum bewohnt ...
Sehr gern gelesen!
LG, eKy