Hi Agneta!
Der Akt des "Anbefehlens" ist in sich eine klare Verweigerung von Eigenverantwortung und unbeeinflusster Selbstbestimmung. Das Sichausliefern an eine - bis zum Beweis des Gegenteils - fiktive Macht stürzt den Geist in Emotionshaft und Eingrenzung. Und Beten ist nichts anderes als Ausdruck und Ventil der eigenen Angst und Hilflosigkeit.
Man kann auch ohne all dies ein moralisch verantwortlicher Mensch sein, ohne stützende psychologische Krücken für's schwächelnde Gemüt, selbstinduzierte Zwangsbegrenzung der eigenen Gedankenwelt und willige Hingabe an ein nie wirklich exakt formuliertes (oder aus moderner Sicht geradezu skurril-naives) Erklärungskonstrukt für einfach alles (wie zB deine verwaschene "höhere Macht"), allerdings voller negierter Widersprüche, die darob keinen Wahrgläubigen je zu stören scheinen.
Hast du dir mal die Beschreibungen des Jenseitigen im AT durchgelesen? All die Engelsorten, Dämonenarten, Himmels- und Höllenfürsten - Spiegelbilder der antiken Welt und ihrer Despoten: Autokratische Strukturen mit absolutem Gehorsam und ausschließlich drakonischsten Strafen für jede Verfehlung, "oben" wie "unten"!
Kurz: Antike Fantasy auf dem Stand der damaligen Zeit!
Dennoch beten selbst heute, nach Jahrhunderten der Wissenschaft und Aufklärung, unzählige hirntot, aber geborgen bleiben Wollende den alten Kanon herunter, weil es eben "so geschrieben steht", und glauben tatsächlich, jedes Wort davon sei nichts weniger als lautere Wahrheit und somit beweisbefreite Realität!
Andere (wie du) pflegen eine Art Wischiwaschi-Bild, das bewusst unerklärt im Detail, diffus und somit "magisch" bleibt, einfach weil sie sich von dem möglichen Trost durch eine gnädige "höhere Macht" nicht ganz verabschieden wollen - sicher ist sicher, sozusagen ...
Aber gut - jeder wie er mag. Ich muss akzeptieren, dass viele Menschen sich mit einem "unfassbaren" Vorgesetzten wohler fühlen. Werden sie, ausreichend drangsaliert, wieder irgendwann anfangen, ihre Erstgeborenen zu opfern, um sich mit dieser omnipotenten wie omnipräsenten "Macht" wieder sozusagen vertraglich abzusichern? Das wäre, unter entsprechenden Umständen, letztlich die logische Konsequenz so eines Gedankentums.
Ich bemühe mich, jeden Menschen nicht auf seine Glaubenswelt zu reduzieren, sondern jene Eigenschaften an ihm zu schätzen und zu respektieren, die ihn mir sympatisch machen. Niemand - außer den bluttriefendsten Fanatikern vielleicht - ist NUR sein Glaube!
Aber manche Realitätserkenntnisverweigerer machen mir dies zuweilen extrem schwer ...
LG, eKy