Hi WM!
Kleine romantische Nachrichten und Liebesbotschaften sind oft in der Liebeslyrik besungen worden - ein LI, das sich gleich höchstselbst zur amourösen Message imaginiert, ist aber ein für mich neuer Gedanke. Ein origineller Ansatz also, der mir gut gefällt!
Schön ist auch, dass offen bleibt, ob die Angesungene (ich gehe jetzt mal einfachheitshalber von einem männlichen LI und einem weiblichen lyrischen Du aus - es könnte natürlich genausogut auch eine andere Konstellation geben
) nun die Adressatin oder die Verfasserin des "Briefleins" ist. Gefällt mir auch, weil es Deutungsspielraum schafft.
Was mir nicht ganz so gefällt ist die Sprachhandhabung insgesamt, denn die Zeilen klingen wie eine anakreontische Lyrik aus dem 18. Jahrhundert, die schon zwanzig Jahre nach ihrem Aufkommen als veraltet galt und deren Vertreter wie Uz, Gleim oder Götz heute nur noch für Experten interessant sind. Zum anderen ist Zeile 4 metrisch - vorsichtig formuliert - wacklig konstruiert und da hierfür kein Grund ersichtlich ist, steht ein bisschen der Verdacht im Raum, der Autor könnte sich hier womöglich etwas zu wenig angestrengt haben.
Also ich würde empfehlen, die Strophe 2 einfach wegzulassen - diese wiederholt nur noch einmal den schon in Strophe 1 geäußerten Wunsch, ohne etwas hinzuzufügen (wobei ich konstatieren muss, dass gerade dieses "inhaltliche Auf-der-Stelle-treten" auch in der Anakreontik ganz typisch war - hast Du womöglich in einem alten Lyrikband geblättert und Inspiration gefunden?).
Lg!
S.