Autor Thema: Reflexionstagebuch, 2021  (Gelesen 973 mal)

Rocco

Reflexionstagebuch, 2021
« am: Februar 18, 2021, 22:03:13 »
Vorbemerkung:

Ich plane ein Tagebuch, das ich, Monat für Monat, mit Texten fülle. Heisst: Nur jeden Monat, und nicht jeden Tag, veröffentliche ich etwas. Ich hoffe, irgendwas davon regt euch an.
Viel Spaß damit.

Hauptteil:

1.01.2021


Ich lege echten Wert auf Öffentlichkeit. Darum trage ich, aus Manuskripten, stets in meinem Hinterhof vor.

Meine Hinterhoflesungen gefallen: Katzen und Hunden und Mäusen.

Endlich meine verdiente Anerkennung! Wie ich Tiere liebe!

Seit jeher war ich ein Freund der - öffentlichen Meinung



Laufen der Zeit 'von:
ewige Künstler



Nur wer eine Leiter erklimmt
verändert damit noch nicht
seine Weltsicht



Nur
Einzelne
sind
nicht
gleich -
egal



Ein an Zille geschultes Welt- und
Menschenbild



2.01.2021


"Das Grau
eines Hinterhofs
raubt alle Sinne."


Wie sonst
soll es
zu Träumen
verführen?



Auch ein Fortschritt:

Maximen kann man durch Menschen
bessern



"Konsens mit der Welt."


Weil nonsensfähig?



"Wir haben gerade genug Religion in uns,
einander zu hassen,
aber nicht genug
einander zu lieben."

Jonathan Swift (1667 bis 1745)


Sehr traurig
sage ich da nur
als Atheist



Die Welt führte ihm die Feder
und vor



3.02.2021


Oberflächliche Aufklärer:
Kaffeesatzleser



Er - der Hinterhofweltliteraturmeister!



Ich lese meinen Hinterhofkatzen aus dem neuen Manuskript vor.

Dabei kommt mir der Gedanke:
"Katzen sind klug und gebildet!"

Denn: Sie wissen, wann sie zustimmend zu schnurren haben.

Und das an den passenden Stellen.
Und den unpassenden



Kaffee: der bessere Tee und
das edelste Wasser



Nostalgiker: Gegenwartsallergiker



4.01.2021


Autor:

wandelnde Zitatquelle



Bürokratie: für Ängstliche
eine Beruhigungspille



"Ich breche nur die Schalen
von Mitbürgern,
damit sie wachsen.
Und dafür nehme ich etwas Lohn,
bin ich deshalb schlecht?",
sagte der Einbrecher



Er gräbt anderen eine Grube -
wo er Kohle vermutet



Stirn


Bahnhof
der
Gesichtszüge



5.01.2021


Dichten

geistiges Waden-
dehnen



Jünger zu werden
mit Würde
scheint nicht leicht

nach schweren
Schönheitsoperationen



Märchen:

Abenteuer
der
Angsthasen



Seine Mutter war eine Orthodoxe
sein Vater ein Protestant
er selbst: ein Atheist
kurz: Opa

Und da wunderten sich
die mit ihm sprachen:

"Ansichten
wie ein jugendlicher
Opa"



"Nicht auszudenken
könnten sich die Schwarzen Löcher
am Weltall
nicht anlehnen"



6.01.2021


Bombenattentat:

Ein Feuerwerk
finsterer
Sinne



"Demokratie" buchstabiert US-Präsident
Donald Trump: S-p-a-l-t-u-n-g.



Dichter:

Kuh
die
Gefühle
gibt



Ist die Macht
geschmiedet
am Kaukasus
eines politischen Systems -

was meinen dann wohl
Parteien-Adler mit:
gemeinsamer
Zukunft?!



Weltoffen - oder:
Ich reise gerne in fremde Länder
mit dem Finger



7.01.2021


Adams
und Satans
große Entdeckung:
Eva



Muhammad Ali (1942 bis 2016):

ein weicher Rechter
mit einer harten Rechten



Tierisches Verlangen nach Unabhängigkeit

Großbritannien zog sich zum Ende letzten Jahres aus der Europäischen Union zurück und, mit Amerika im Rücken, hält es sich jetzt für stark.

Großbritannien: Europas
Einsiedlerkrebs



Der Vollmond ist der Sonntag des Monats



Die Welt: des Weltalls
geistiges Armenhaus



8.01.2021


Bilder moderner Poeten klingen
immer schief



"Die Ironie muss sich kurz fassen.
Die Aufrichtigkeit kann weit ausholen."

Jules Renard (1864 bis 1910)


Kindlicher Optimismus!



Die Nacht: der bessere Tag



Poet: Sofareisender



"Die Sonne bringt es an den Tag."

Und der Mond erhellt es.



9.01.2021


"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!" - gilt ausschließlich
für Tiere!



Despot: der Dinge
Mars-Gott



Die Erde


Blaueste Zitat-
quelle
des Weltalls



Der Morgen: Der krähende Abend
der Nacht



Das Schweigen trägt
auch den Lärm
in den Wald



26.01.2021


So manche Aphorismen-Anthologie: Ein
Humorklimaindex



Als Aphoristiker war er gedankenlos -
aber wie er vor Ideen sprudelte!



Kalenderblatt


Morgenstund tut goldene Verse kund



Kunst


Wie der Nachtmensch
in Tagebüchern
natürliche Gedanken
pflegt



Die Nacht verziert den Silbermond



9.02.2021


Ein Aphorismenforscher
wer sich mit Wettbewerben
auch um Aphoristiker sorgt



Die Frage: ein erster Schritt hin
zum ersten Schritt



Vorurteile: die Kindergebrechen
der Gerechtigkeit



Stille fühlen:
Schneeflocken



Witzig: im Sprachfluss untergehende
Feindbilder



10.02.2021


Bitter: Vor Kälte nur mit der Haut
schreien



Alles im Fluss: Schön glitzern am Grund die umrahmten Feindbilder



Die Frage


Ist die Frage eine Zumutung
oder die damit verknüpfte
Erwartung nach
Erlösung?



Frühling: geschmolzene
Winterstille



Seine Jugenderinnerungen sind welk und
frisch
wie im Herbst ihres Lebens



11.02.2021


Hat ihn in der Hand
mit sehr grottigen Texten:
seine Schreibfeder



Leben davon
dass sie glauben
etwas zu sagen zu haben:
Theaterregisseure- und Autoren



Theaterstücke dichten:
Von der Bühnen-
welt Notiz nehmen



Theaterstücke dichten:
Im Theater des Lebens
Ordnung schaffen



Die Welt des Theaters: Die Erde auf
Höllen



12.02.2021


Für Genies sind Nobelpreise eigentlich
eine Entehrung



Krieg: eine zahnlose
Zeit



Die Romane Thomas Manns (1875 bis 1955):
aus der Fassung geratene Gedichte



Der Theatertext
als Begleitmusik
des Bühnenbilds



Seine Weste ist rein: er zog sie
durch den Kakao der Kritik



23.02.2021


Aphorismen: ein Rauschmittel
für hellere und finstere
Nächte



Ewige Liebe und ewiger Hass
sind große Worte
für uns menschliche Eintagsfliegen



Eltern: die Haustiere und Diener ihrer
Kinder



Der Geschmack der Weltraumöde:
wie Tränen



Wie Ohnmacht: die Sehnsucht nach der
Sehnsucht nach Abenteuer



24.02.2021


Der Chef - oder:
Ein Vater
ganz nach dem Bild
seiner Mitarbeiter



Folgt oft auf dem Nachsatz: Gegensätze



Liebeslied: Für Widerspenstige
eine Ohrfeige



Pflichten erfüllen:
sich Unfreiheiten erobern



Die Zitrone der
Erkenntnis



25.02.2021


Aphorismen: die Fußnoten des Tages



Er ist froh dass er ohne Kinder ist -
er hätte nicht gewusst
was mit sich
anfangen



Nicht immer kommt es
anders als man denkt
oft aber wie



Zuerst verlassen die Prinzipien das fahrende Schiff



Die ohne Zusammenhang reden
bekommen einen Platz
in der Anstalt;
die ohne Zusammenhang schreiben:
lobende Anerkennung



26.02.2021


Frieden ist Krieg mit Worten




Nachgeben ist
für den
der im Glashaus sitzt
keine Kunst 



An der Ruhe der Nacht zer-
bricht alle Traurigkeit



Der Samen im Boden literarischer Themen:
die dichterische Persönlichkeit



Im Widerspruch zur Finsternis
entwickelt sich
das Lebensgrau

(Für Erich)



27.02.2021


Fragt mich nicht
nach der Wahrheit
doch ich gebe
bereitwillig Auskunft über:
Einbildung
Irrtum
Lüge
Verstellung



Für Pfadfinder gilt:
jeden Tag eine gute Tat;
und für Aphoristiker:
jede Nacht ein gutes Wort



Sein Interesse gilt Frauen
die ihm den Verstand
geben



Sich zum Affen machen: Ein
Pleonasmus



Das Beste
beider Welten:
ein Wintergarten



28.02.2021


Der Abend

ist meine Muse
mit einer Kanne voll Kaffee und
einem Sack voll Gedanken



Sein nicht vorhandenes Kapital
trägt Zinsen:
die Kapitel
seines Lebens



Ein gefrorenes Lächeln taugt -
was ein Segen -
nicht als Keule



Das allererste Teufelsweib
und der allererste Teufelskerl:
Ewa und Kain



Wer stets die Hände in den Schoß legt
wundere sich nicht
wenn sich bei ihm Schrauben lockern


« Letzte Änderung: M?RZ 14, 2021, 19:12:49 von Rocco »
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

AlteLyrikerin

Re: Reflexionstagebuch, 2021
« Antwort #1 am: Februar 19, 2021, 12:30:51 »
Hallo Rocco,

manches Bedenkenswerte oder zum Schmunzeln Anregende habe ich in Deinen Tagebuchnotizen gefunden. Mein Favorit:
Zitat
Nostalgiker: Gegenwartsallergiker
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Reflexionstagebuch, 2021
« Antwort #2 am: Februar 19, 2021, 12:55:04 »
Hi Rocco!

Auch gern gelesen.

Nur dies: Auch Atheismus ist ein Glaube. Nicht vergessen.  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.