Aber Knicke ist doch ganz und gar leicht verständlich - wo ist da das Problem? Die Knicke sind eben seelische Eselsohren - eine Metapher. Und im Vergessenheitsspiel der wechselseitigen Liebe werden Knicke wieder glatt und Risse wieder - ben zi bena, wie ich andernorts schrieb - zusammengefügt. Die Tiefenheilwirkung des Liebens und Geliebtwerden.
Und die Schlussfügungen "Knicke weichen" - "Risse heilen" finde ich ganz besonders schön gelungen, weil die beiden letzten Zeilen (obwohl sie ja nicht die Endreimzeilen sind) fast so klingen, als wären sie mit einer Art Doppelreim verknüpft.
Wenn ich bei der letzten Strophe überhaupt etwas ändern würde, dann das zweite Knick (letzte Zeile) durch das Reimwort Glück zu ersetzen. Die Knicke in der vorletzten Zeile sind eine so schöne Wendung, dass ich ihnen den Raum lassen würde, nur einmal im Gedicht anzuklingen.
Wo ich persönlich noch nicht ganz hin-und-weg bin, das ist die erste Strophe, die mir im Vergleich zu S2 und S3 in ihrer offenherzigen Art etwas gröber gestrickt vorkommt. "Intimste Stelle" ist mir ein wenig zu direkt formuliert und "Glieder" ist mir ein bisschen zu nah am männlichen Glied, diesem hilflosen Versuch ein Wort für des Mannes Zierde (??) zu finden.
Schon Goethe hat sich darüber beklagt, dass das Deutsche für den Penis nur unpoetische Wörter bereit hält und die alten Römer um den hübschen Ausdruck "mentula" beneidet. Später hat der Geheimrat dann die Umschreibung "Meister Iste" gefunden. Durchgesetzt hat die sich aber nicht.
LG!
S.