Selbstbesinnung

[gummibaum]

Kein Glied zu sein in einer Daseinskette,
die ohne Anfang, ohne Ende ist,
drehst du dich plötzlich ein zur Pirouette
und findest so die Achse, die du bist.

Der Schwindel macht, dass alte Bilder weichen,
und keines mehr dich definieren kann,
du stehst am Anfang, und du setzt dein Zeichen
und knüpfst dabei an nie Gedachtes an.

Ein Wurf bist du, ein Flug, ein leichtes Fangen,
kein Ball, gespielt von einer fremden Hand.
Das Morgenrot glüht froh aus deinen Wangen,
und sieh, das Dasein löst sein enges Band… 

[Erich Kykal]

Hi Gum!

Extrem gut gedichtet! Nix zu meckern! 

Die ersten beiden Zeilen von S3 besonders, aber auch die Gesamtanmutung erinnern mich an Rilke's "Der Ball".

Der Ball

Du Runder, der das Warme aus zwei Händen
im Fliegen, oben, fortgiebt, sorglos wie
sein Eigenes; was in den Gegenständen
nicht bleiben kann, zu unbeschwert für sie,

zu wenig Ding und doch noch Ding genug,
um nicht aus allem draußen Aufgereihten
unsichtbar plötzlich in uns einzugleiten:
das glitt in dich, du zwischen Fall und Flug

noch Unentschlossener: der, wenn er steigt,
als hätte er ihn mit hinaufgehoben,
den Wurf entführt und freilässt -, und sich neigt
und einhält und den Spielenden von oben
auf einmal eine neue Stelle zeigt,
sie ordnend wie zu einer Tanzfigur,

um dann, erwartet und erwünscht von allen,
rasch, einfach, kunstlos, ganz Natur,
dem Becher hoher Hände zuzufallen.


Ich gebe gern zu: Dein Schaffen oben steht dem des Großen in nichts nach!

Allergernst gelesen! 

LG, eKy

[gummibaum]

Danke, lieber Erich. Ich freue mich über dein Lob.

An Rilkes "Ball" hab ich bei meiner letzten Strophe auch gedacht.

Liebe Grüße von gummibaum