Autor Thema: Schreiben  (Gelesen 1102 mal)

AlteLyrikerin

Schreiben
« am: Juni 25, 2020, 11:36:02 »
Manchmal kommt das Wort
aus der Nacht und fliegt,
wie ein Sternentaler,
in meine aufgespannte Schürze.

Fast immer jedoch
findet sich, nach Tagen
des Siebens im Schlamm,
nicht ein Körnchen Gold.

Erich Kykal

Re: Schreiben
« Antwort #1 am: Juni 25, 2020, 11:44:39 »
Hi AL!

Korrekt: Erzwingen kann man Inspiration und Kreativität nicht!

Ich hatte ja bis vor ein paar Tagen über ein halbes Jahr nicht mher geschrieben. Das war diesmal eine bewusste Entscheidung, aber so um 2012 herum hatte ich mal eine ebenso lange Phase, in der trotz Verlangens danach einfach nichts gelingen wollte, einfach nichts "kam". Solche Phasen hatte/habe ich immer wieder mal, seit ich wieder schreibe (in etwa so seit 2004-5, davor hatte ich an die 24 Jahre nichts geschrieben, andere Künste präferiert), aber das war damals die längste, und ich hatte schon Sorge, ob es das wohl schon "gewesen wäre".
Aber die Gabe kam zrück, besser und sprachmächtiger als je zuvor. Sie hatte vielleicht, wie eine Raupe durch Verpuppung, diese Inkubationszeit gebraucht, um zu neuen Höhen reifen zu können. Wer weiß? Alles hat seinen Grund, auch wenn wir ihn nicht immer erkennen.

Deine verdichteten Worte sagen in diesem gerafften, poetisch sehr gelungenen Vergleich dies alles sehr klar aus.

Gern gelesen!  :)

eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

AlteLyrikerin

Re: Schreiben
« Antwort #2 am: Juni 25, 2020, 12:59:51 »
Hi Erich,


Danke für Deinen Kommentar. Ohne Inspiration geht es wirklich nicht, und manchmal tragen wir durch unsere Neigung den Tag voll zumüllen dazu bei, dass Inspiration gar keinen Raum finden kann. Freut mich, dass Dich diese beiden Metaphern über das Schreiben angesprochen haben.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Eleonore

  • Gast
Re: Schreiben
« Antwort #3 am: Juni 25, 2020, 19:20:15 »
Liebe Alte Lyrikerin,

das Gedicht gefällt mir sehr.

Dieser kometenhafte Beginn.
Eine empfängt - aufrecht stehend und völlig offen -
ein Gedicht, wie eine Himmelsgabe.
Das Bild aus dem Sterntalermärchen.

Das sind freilich die seltenen, fast begnadeten Momente,
wenn eineR Gedichte verfasst.

Häufiger sind dann diese,
wo eine im Knien die Erde nach Gold / Silber / güldenen Worten
durchackert,
wie weiland die Goldgräber.

Die Himmelskometen kommen bei mir am Ehesten an,
nachdem ich meditiert habe -
also mein  innerer Bildschirm einigermaßen frei ist.

Ansonsten habe ich schon derartig viele Auszeiten lyrischer u.a. kreativer Art erlebt,
dass ich keine Ängste mehr habe,
wenn der Fluß ausbleibt.
Er kommt ja doch immer wieder zurück.

Ähnlich wie Du, Erich, glaube ich, dass es stille und womöglich auch lange Auszeiten braucht, damit eine Gabe reifen kann, sich transformieren. Nach Gesetzmässigkeiten, die uns bewußt nicht zugänglich sind.

Ich erinner immer wieder die Sequenz aus dem Film über das Leben der Niki de Saint Phalle:
Sie machte zuerst sehr aggressive Kunst, worin sie Farbbeutel an riesige Leinwände hing und dann mit Gewehren darauf schoß. Anschließend kam eine Phase mit merkwürdig morbiden Kunstwerken - traurig, depressiv und düster.
Im Film hieß es dann: Plötzlich waren sie da : Die Nanas - also die großen, drallen und lebenslustigen Frauensfiguren, für die NdSP so berühmt geworden ist.
So, als hätten diese nicht geboren werden können, wäre nicht vorher die aggressive und anschließend diese morbide Energie in vollsten Zügen ausgelebt worden.

Sehr gerne gelesen und bewundert habe ich jedenfalls Dein Gedicht,
Alte Lyrikerin.

Liebe Grüße
Eleonore
« Letzte Änderung: Juni 26, 2020, 09:03:49 von Eleonore »

AlteLyrikerin

Re: Schreiben
« Antwort #4 am: Juni 26, 2020, 12:45:30 »
Liebe Eleonore,


herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Eine monate- oder jahrelange Schreibsperre habe ich noch nie erlebt. Allerdings habe ich auch nie so intensiv gearbeitet an meinem Talent. Ich habe immer nur "aufgefangen", was mir geschenkt worden ist, und dann daran gefeilt. Nie habe ich mir vorgenommen, so nun schreibe ich über .... Das hat nie funktioniert. Aus meinen schmerzlichen oder frohen Momenten sind die Verse aufgestiegen, ganz von selbst. Manchmal frage ich mich, was wohl geworden wäre, wenn ich beständig, regelmäßig und ernsthaft daran gearbeitet hätte. Doch letztlich denke ich, es wäre wohl nicht so viel anders geworden. Es ist ja, gottlob, kein Brotberuf.
Liebe Grüße, AlteLyrikerin.
« Letzte Änderung: Juni 26, 2020, 12:48:11 von AlteLyrikerin »