Sommermorgen
Der lichte Morgen hebt sich in die Himmel,
erwächst voll Heiterkeit in seinen Tag,
die Welt wird endlich wach, und im Gewimmel
ergibt sich stetig, was noch kommen mag.
Es ist ein Werden wie aus reiner Freude,
ein Sonnentanz ins Grüne voller Schwung,
und weiße Wölkchen ziehen wie Geschmeide
darüber hin und wirken ewig jung.
Ein trautes Bild voll Blütenduft und Wärme
entriegelt alle sonst verschlossnen Türen,
und was an Freude sich im Weltenlärme
erleben lässt, darf uns ins Weite führen.
Geschrieben als Gegensatz zu diesem älteren Gedicht:
Wintermorgen --------------------- 22.12.11
Der graue Morgen hebt sich nicht, er sintert
als blasses Zwielicht bleiern nach dem Tag,
das schmerzend im Betrachter überwintert,
wie in den Schatten trüber Eisbelag:
Erstarrtes Wasser zwischen Frost und Tauen,
verschmiert auf Wegen oder ins Gemüt,
und fern im Nebel, wie im Ungenauen,
ein matter Schein, der sich um Welt bemüht.
Ein Bild entspinnt sich dem erwachten Auge,
so fern der stillen Sehnsucht seines Blicks,
denn Winter fragt nicht, was Verweilen tauge
in leisen Echos sommerlichen Glücks.
Und damit sich niemand benachteiligt fühlen muss, hier dasselbe sozusagen anders herum:
Sommermorgen konträr
Der Morgen krallt in schweißgetränkter Schwüle
sich mühsam über seinen Horizont.
Die kurze Nacht verweigerte die Kühle,
als hätte anders nie sie je gekonnt.
Ein Sonnenofen glüht in heisrer Lunge
so früh bereits, noch Schlimmeres verheißend,
geschwollen klebt am Gaumen jede Zunge.
Das schon zu grelle Licht wird gleißend
und tilgt das letzte Grün aus dürren Wiesen,
als wollte es die nackte Wüstenei!
Man schwelt und träumt von Winterparadiesen,
als ob uns im Erinnern wohler sei.
Wintermorgen konträr
Der Morgen sickert über die Gestirne,
vererbt ihr blasses Blinken seinem Licht,
das glitzernd über strahlend weiße Firne
wie klares Eis in das Bewusstsein bricht.
Erhaben wird ein Tag in neuer Klarheit,
malt blaue Schatten in den frischen Schnee,
ist rein und einzig kristalline Wahrheit
zu warmen Butterbrötchen und Kaffee.
Der Hang lädt ein mit hellem Kinderlachen,
der Wald verschweigt sich und ist doch nicht tot,
und jedes Bild verspricht ein Neuerwachen
im Schein des Feuers, das im Herzen loht.