Hi AL!
Vielen Dank für das Feedbackfeedback!
An einem Punkt bin ich nicht ganz sicher, ob Du mich da nicht missverstanden hast: Du schreibst: "Du vermisst offenbar poetische Stilmittel in diesen Texten, die ihren Inhalten angemessener wären." - Unter dem Begriff "Stilmittel" verstehe ich die formale Art und Weise, wie etwas geschrieben wurde. Die Form ist aber für mich nur ein sehr nebensächlicher Aspekt auf dem Weg zu einem poetischen Text. Mit der Form, den Stilmitteln, Deines Textes habe ich also keine Probleme, wenn ich (subjektiv) einen Mangel an Poesie feststelle.
Ich versuche es mit Beispielen etwas besser zu erklären.
Hier mal ein Text, den ich für unpoetisch halte:
Der logische Verstand erfasst nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit, deshalb ist auch die gefühlsmäßige Intuition ein wichtiges Erkenntnisinstrument. Und jetzt wende ich "Stilmittel" auf diesen Satz an; aber nach meinem Gusto ändert sich dadurch überhaupt nichts am Mangel an Poesie. der Text erhebt zwar durch die Stilmittel einen größeren "artistischen" Anspruch, gewinnt aber keine poetische Ebene, weil diese (für mich) im Inhalt und nicht in der Form begründet ist.
Du nimmst die Wirklichkeit frontal-
hirnmäßig in die kalten Fänge
und Emotion ist Dir egal?
Da liegst Du eine Herzenslänge
daneben und die Welt bleibt schal. Dieser obige Text hat die äußere Form eines Gedichts, ist aber unpoetisch, weil er inhaltlich (!) zu eng gefasst ist und dem Leser keine Offenheit bietet. Ein poetischer Text lässt den Geist tanzen. Nunja... auch beim Tanzen gibt es Paare, die sich sklavisch an eine festgelegte Schrittfolge halten und keinerlei spontanes Element zulassen, so dass weder die Musik einen Widerhall (von der strengen Befolgung des Rhythmus ggf. abgesehen) in den Tanzschritten findet, noch die geheime Chemie des Tanzpaares sich in improvisierten Variationen äußern kann. Das ist natürlich dann auch ein "unpoetisches" Tanzen und hier nicht gemeint.
Die Lyrik, als die poetische Gattung par excellence, wird ja immer mit der Lyra, also der Musik, in Verbindung gebracht und daraus wird häufig eine Forderung nach "Sanglichkeit" des lyrischen Textes abgeleitet. Ich würde dieses musikalische Erbe der Lyrik vor allem im Bild des Tänzerischen verortet sehen. Und damit meine ich also nicht einen "tänzerischen Rhythmus", sondern, etwas metaphysisch, ein "inhaltliches Tänzeln", ein gedankliches Dahingleiten, offen, leicht, nicht gezwungen.
Hier mal ein Ad-hoc-Versuch (nicht zu streng urteilen!
Ich weiß um den metrischen Stolperer
), dem oben angerissene Thema "Sense-and-Sensibility" nun doch etwas "Poetischeres" abzugewinnen:
Die Welt bringt sich ins Denken
mit ihrem Herzblut ein
und will der Seele schenken
denkbar zu sein. Auch bei diesem Beispiel geht es mir nicht um die (anfechtbare) Form, sondern um den Inhalt. Die Registerhebel des Denkens und Fühlens sind bewusst durcheinander gebracht worden und auch die Opposition von "ich" und "Welt" löst sich teilweise auf. Und dadurch werden eben auch die Deutungsebenen "gelockert" und der Text bemüht sich wenigstens um etwas poetischen Mehrwert.
Wie gesagt, nicht zu streng urteilen, das sind spontane, "didaktische" Beispiele zur Erläuterung dessen, was ich meine.
LG!
S.