Laut heult der Sturm, und ein Gewitter
entlädt sich abends um das Schloss.
Es flackern fahl die Fenstergitter,
der Donner dröhnt im Turmgeschoss.
Da hör ich Hufschlag, Schnauben, Lärmen.
Es pocht ans Tor. Der Junker geht
hinab, macht auf, damit sich wärmen
und schützen kann, wer draußen steht.
Ein Mann tritt ein, mir nicht geheuer.
Er rühmt sich laut, er sei Kurier
des Königs. Setzt sich plump ans Feuer
im Herd des Ahnensaals: zu mir.
Dann sinkt sein Blick in meine Flammen
und auf ein Ölbild an der Wand:
Ein junges Weib. - Er zuckt zusammen,
als ob er ihren Mörder fand.
Er selbst ist der, der damals fragte
„Wo steckt dein gottverdammter Mann?“
Dann drohte er, als sie nichts sagte,
der Hugenottin Folter an.
Doch eisern schwieg sie, und er steckte
ihr beide Füße in den Herd,
auf dass ich sie gesprächig leckte.
Die Flamme ihren Stolz bekehrt.
Sie wand sich. Stumm. Die Füße zuckten. -
Nun schwitzt der Gast. Fühlt alles nah.
Verflucht, dass ihn die Wetter duckten,
und er das Wappen übersah.
Er ahnt, man kennt ihn, wird sich rächen.
Als er zum Abendessen geht,
sind dort die Kinder. Doch sie sprechen,
als sie ihn sehen, kein Gebet.
Er senkt den Blick, er stürzt den Becher.
Ein feiger Mensch im Dienst der Macht.
Er taumelt in die Schlafgemächer.
Ich höre, wie der Riegel kracht.
Dann kommt der Junker. Wie entgeistert.
Von seinen Kindern eingeweiht.
Er hat, was aufwühlt, nicht gemeistert
und betet eine lange Zeit.
Noch immer stürmt es. Meine Flamme
wird aus den Lüften angefacht.
Sie faucht im Glauben, Gott verdamme:
„Der Folterknecht sei umgebracht!“
Dann weicht der Sturm, und sie verzichtet.
Des Junkers Haar ist aschengrau.
Er weckt den Gast. Der Morgen lichtet
den Saal. - Ich träume von der Frau…
(nach Meyers Ballade)
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