Autor Thema: Es rauscht ein wilder Fluss  (Gelesen 549 mal)

Laie

  • Gast
Es rauscht ein wilder Fluss
« am: Februar 02, 2018, 14:14:24 »
Es rauscht ein wilder Fluss durch meine Mitte,
durch diese wunderweite Seltsamkeit.
Und jede Woge ist wie eine Bitte
an jemanden, der diese Tiefe weiht.

Und immer lauter breitet sich das Tosen
und wächst zum Wunsch. Er wird so übergroß.
Und irgendwer hält ihn in seiner bloßen
und zarten Hand und lässt ihn nicht mehr los.
« Letzte Änderung: Februar 02, 2018, 14:27:40 von Laie »

Erich Kykal

Re: Es rauscht ein wilder Fluss
« Antwort #1 am: Februar 02, 2018, 18:09:17 »
Hi Laie!

Das Gefühl verlorener oder unerwiederter Liebe ist herzzerreißend - ich weiß auch ein Lied davon zu singen! Wer wohl nicht, hat er nur lang genug gelebt!?

Ich habe irgendwann aufgehört, meine Tiefen weihen lassen zu wollen - ich sprach mir selbst den Segen und blieb dabei. Weniger Verletzungsgefahr.

Aber das war mein Weg, und jeder muss den eigenen da durch finden. Es bleibt  - zumindest für ein oder zwei Jahrzehnte - die Hoffnung auf ein anderes Glück. Noch reiner oder bescheidener, mit mehr Kompromissen? Das sucht sich jeder selbst aus. Ich war letztlich zu wählerisch, und mein leidendes Selbstwertgefühl redete mir ein, ich hätte, so wie ich war, ohnehin kein Glück verdient.

Es stimmt schon - die größten Feinde sind wir uns selbst ...

Ich wünsche deinem LyrIch ( ;)), dass es die erlösende zarte Hand finden möge. Garantie für Glück ist das natürlich auch keine, denn nur zu oft müssen wir im Leben feststellen, dass der Wunsch kostbarer war als die Erfüllung, weil man ihn sich - im Gegensatz zur Realität - rein erhalten konnte!

Dass dein Werk stilistisch unüberbietbar ist, muss ich nicht erneut eigens ausbreiten - du kennst meine Ansicht zu deiner Arbeit mittlerweile. Chapeau zu diesem Kunstwerk!

Dieses Gedicht erinnert mich besonders an einige Stellen aus Rilke's "Stundenbuch", in dem er seine gläubige Verklärung feiert - Liebe zu Gott und Liebe zu einem Menschen, wo ist der Unterschied ...!? Größer können Gefühle kaum sein.

Allergernst gelesen von einem in beiderlei Hinsicht Entzauberten. Doch die Erinnerung bleibt ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Laie

  • Gast
Re: Es rauscht ein wilder Fluss
« Antwort #2 am: Februar 03, 2018, 10:37:47 »
Hi eKy,

ich glaube, dass es die Liebe wert ist das Verletzungsrisiko einzugehen. Zumindest glaube ich das noch. Aber was mir auch wichtig ist: Mit mir selbst glücklich sein zu können, damit das eigene Glück nicht zwangsweise und vollständig von einer anderen Person abhängt.

Im Gegensatz zu Rilke spielt Gott in meinem Leben keine Rolle. In schweren Momenten wäre der Gedanke zwar oft tröstlich, aber ich denke, wenn es eine größere Macht gibt, dann ist dies sicherlich nicht der christliche, jüdische oder muslimische Gott.

Ich danke dir für deine Worte und den kleinen Einblick in deine Tiefen.


Gruß,
Laie