Autor Thema: Das Traumboot  (Gelesen 1142 mal)

gummibaum

Das Traumboot
« am: Juni 13, 2017, 19:29:02 »
Ich folgte deiner Spur am Strand
so lang, bis ich dich wiederfand.
Wir gingen Hand in Hand ein Stück
und blickten unbemerkt zurück.

Und plötzlich lag das Boot im Sand,
schon ganz zerfasert seine Wand.
Doch stiegst du nochmals ein und ich
schob es aufs Meer für dich und mich.

Die Wellen zogen uns vom Strand
und fern von uns verschwand das Land.
Dann stieg das Meer, verschlang die Sicht.
Das alte Holz war nicht mehr dicht…


Erich Kykal

Re: Das Traumboot
« Antwort #1 am: Juni 13, 2017, 19:51:34 »
Hi Gum!

Gut und flüssig geschrieben, nur diese Wendung (S3Z2) "und fern von uns verschwand" erscheint mir suboptimal formuliert.
Dass das Land "fern von uns" verschwindet, wenn wir auf das Meer treiben, ist ohnehin klar - es wird kaum "nah bei uns" verschwinden ... wie denn auch!? (Okay, Nebel - aber sonst bleibt nur die Altlantis-Show, oder!?  ;D ;))
Es liest sich also wie doppelt gemoppelt, und wirklich elegant wirkt die Wendung auch nicht. Würd ich umdichten.

Die Handlung liest sich wie die Beschreibung eines Albtraums, der völlig unlogische Entscheidungen hinnimmt, ohne dass man etwas dagegen tun könnte: Es "passiert" eben einfach so, als "müsste/sollte" es so sein. Wer würde sich auch wirklich mit seiner Freundin auf einem verwitterten lecken Bootswrack ohne Ruder aufs Meer hinaustreiben lassen!? Das wäre extrem hirnverbrannt - also MUSS es ein Albtraum sein!

Da passiert einem ständig sowas, und man gerät zwanghaft in eine Erlebnisschleife, die einen die Szene wieder und wieder durchleben lässt, wobei ein kleiner vernunftbegabter Teil des Ichs verzweifelt versucht, die irrsinnige Handlung so weit "umzuschreiben", dass der Traum ein versöhnliches Ende nehmen kann. Gelingt selten - viel öfter wacht man irgendwann schweißgebadet auf und hat ein wehmütiges Gefühl von Versagen und Angst auf der pelzigen Zunge ...

An dieses Gefühl und die vorhergehenden Träume erinnerte mich der obige Text!

Dennoch gern gelesen!  :)

LG, eKy

PS: Der aussagekräftige Titel ist mir erst JETZT, also hinterher bewusst geworden! Mein Fehler ...
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Das Traumboot
« Antwort #2 am: Juni 14, 2017, 00:47:53 »
Danke, lieber Erich. Die Liebe wird nach einer Unterbrechung noch einmal versucht.

LG gummibaum

Phoenix-GEZ-frei

Re: Das Traumboot
« Antwort #3 am: Juni 14, 2017, 08:13:42 »
Lieber gummibaum,

Was ich hier lese ist ein Drama, gespickt mit einem lyrischen Küsschen.
Erich’s Kommentar, messerscharf und mit großem herzen.

Ich dachte zuerst:
Der alte Mann und das Meer

Dann an:
Der Mensch und das Meer🙃

Von: Charles Baudelaire

Freier mensch! Das meer ist dir…

Und ja, wie wunderbar „hach die liebe“😀


LG
Phoenix



cyparis

Re: Das Traumboot
« Antwort #4 am: Juni 14, 2017, 09:31:53 »
Lieber gummibaum,

https://www.youtube.com/watch?v=kWMMl2rgDKA
kam mir unwillkürlich in den Sinn. Das ist weitaus profaner, als Dein Gedicht!

Ich kann nur viel Erfolg wünschen, auch wenn das Boot nicht ganz dicht ist (Metapher wofür ?). Im Traum gelingt ja Vieles, was im Wachzustand nicht möglich ist.

Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Curd Belesos

Re: Das Traumboot
« Antwort #5 am: Juli 17, 2017, 14:37:18 »
moin moin gummibaum,

den Einwand von Erich
Zitat
Wer würde sich auch wirklich mit seiner Freundin auf einem verwitterten lecken Bootswrack ohne Ruder aufs Meer hinaustreiben lassen!?
[/color] möchte ich so nicht gelten lassen, schließlich handelt es sich um ein "Traumboot"

Doch auch in der realen Welt sind die Verliebten unerklärlicher Weise bereit Wagnisse einzugehen, da die Ratio gegen den Schub an Endorphinen nicht ankommt, so dass man bereit ist zusammen, sehenden Auges, in Liebe unterzugehen.

Verträumten Gruß, da ich es gerne gelesen habe.
Curd
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Das Traumboot
« Antwort #6 am: Juli 17, 2017, 18:49:54 »
Hi Curd!

So gesehen hast du recht: Geht man davon aus, dass es ein Traumboot im Sinne von "in einem Traum" ist, so stimmt dein Einwand. Interpretiert man es aber so, dass es ein traumhaft schönes Boot, bzw. das Boot "seiner" (Des LyrIch) Träume ist, so wie ich es ausgelegt habe, dann befinden wir uns sehr wohl in der Realität.

Letztendlich läuft es allerdings wohl auf deine Auslegung hinaus, und ich unterlag einer Fehlinterpretation des Titels.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.