Autor Thema: Emsiger Monilith  (Gelesen 671 mal)

hans beislschmidt

Emsiger Monilith
« am: Dezember 25, 2020, 16:16:48 »
Emsiger Monolith

Wie emsig er sich auch bemüht,
durch dunkle Löcher nächtens geistert.
Ein Mindersein, das ständig glüht,
doch niemals brennt, die Tage meistert.

Aus Fleisch //  gehauener Monolith,
der klobig frisst und übersäuert,
ins tiefe Formalin hinunterzieht
und fleißig Taten dort beteuert.

Wie bei jedem zügellosen Raffen,
auch dort nie Sättigung erfährt.
Die Kammer voller stumpfer Waffen //
die alle das Papier nicht wert.
« Letzte Änderung: Dezember 26, 2020, 15:05:38 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Sufnus

Re: Emsiger Monilith
« Antwort #1 am: Dezember 25, 2020, 16:29:46 »
Hm.... Untalentierter Vielschreiber meets Gollenstein? ;D
Ein hermetischer Text für mich, aber mit äußerst erfreulich zu lesenden, starken Bildern. Und schön zu sehen, dass es Dir wohl wohl ergeht. :)
LG!
S.
P.S.:
Zur herausfordernden Metrik gäbe es auch was zu sagen - aber ich nehm mal an, Du bist nicht an einer Wolfsversion im Schafspelz der Sanglichkeit interessiert? ;)
« Letzte Änderung: Dezember 25, 2020, 16:35:10 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Emsiger Monilith
« Antwort #2 am: Dezember 25, 2020, 17:36:43 »
Hi Hans!

Emsiger Monolith

Wie emsig er sich auch bemüht,
durch dunkle Löcher nächtens geistert,
ein Mindersein, das ständig glüht,
doch niemals brennt, die Tage meistert.

Aus Fleisch - gehauener Monolith,
der klobig frisst und übersäuert,
ins tiefe Formalin hinunter zieht
und fleißig Taten dort beteuert.

Wie bei jedem zügellosen Raffen,
auch dort nie Sättigung erfährt,
die Kammer voller stumpfer Waffen -
die alle das Papier nicht wert.


Zur "metrischen Herausforderung", wie Suf es höchst höflich umschreibt, hat dieser ja schon das Nötige ausgesagt. Leider bist du dahingehend beratungsresistent, oder du kannst es schlicht einfach nicht besser ...  :P ;) (oder was soll ich sonst glauben nach dem x.ten vergeblichen Versuch, dir diesbezüglich etwas nahe zu bringen?)

Weiters sollte man die Sätze, die man strickt, aber auch zumindest grammatikalisch korrekt formulieren. In diesem Fall lautete dies:

Wie emsig er sich auch bemüht,
durch dunkle Löcher nächtens geistert Kein Komma hier!
ein Mindersein, das, ständig glühend
doch niemals brennend, die Tage meistert. "ein Mindersein, das ... meistert." Alles dazwischen ist attributiver Einschub in gesonderter Fomulierung.

Aus Fleisch gehauener Monolith, Warum um alles glaubst du hier mitten in die Phrase einen Bindestrich setzen zu können?
der klobig frisst und übersäuert,
ins tiefe Formalin hinunter zieht Ich würde "hinunterzieht" immer noch zusammenschreiben, sonst könnte man missverständlich annehmen, dass besagtes Subjekt schlicht seinen Wohnort wechselt.
und fleißig Taten dort beteuert;

wie bei jedem zügellosen Raffen, Dies ist eindeutig ein weiterer Gliedsatz zum Konstrukt von S2, darum sollte es maximal durch einen Strichpunkt davon gestrennt sein. Keinesfalls kann es aber in dieser Formulierung als neuer, unabhängiger Satz funktionieren.
auch dort nie Sättigung erfährt,
die Kammer voller stumpfer Waffen -
die alle das Papier nicht wert.


Mit wenigen kleinen Anpassungen wäre eine metrisch korrekte Version (die dadurch nichts von ihrer "Wolfshaftigkeit" einbüsst, wie ich finde) übrigens durchaus möglich, falls dich das interessiert (Vier Heber mit unbetontem Auftakt):

Wie emsig er sich auch bemüht,
durch dunkle Löcher nächtens geistert
ein Mindersein, das in ihm glüht,
wenn aschen er die Tage meistert.

Aus Fleisch gehauner Monolith,
der klobig frisst und übersäuert,
ins Formalin hinunterzieht
und fleißig Taten dort beteuert;

und wie bei jedem eitlen Raffen
auch dort nie Sättigung erfährt:
Die Kammer voller stumpfer Waffen,
die alle das Papier nicht wert.


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Emsiger Monilith
« Antwort #3 am: Dezember 26, 2020, 15:05:59 »
Lieber Suf,
Untalentiert würde ich nicht sagen, eher das Hohlmaß an erträglichem Singsang überreizt. Ein morgendlicher Auswurf einer Reimkatharsis.

Das gegensätzlich angelegte Wollen und Können steht im stetigen Wechselkurs von Machbarkeit und Güte, bis alles zu einem belanglosen Brei verwässert. Dem Protagonisten fehlt es an Tiefe und man spürt die Wortretorte, die im 24 Std Dauermodus geschüttelt wird.

Der Gollenstein ist übrigens ein Menhir. Wo jetzt genau der Unterschied zwischen einem Menhir und einem Monolith besteht,  (beides ist ja von Menschenhand geschaffen) könnten wir gelegentlich bei einem Kaffee vorm Schlangenbrunnen diskutieren. Das würde mich sehr freuen. Schreib mir doch eine Whatsapp oder ruf mich an (01601618519). Schöne Restwoche. Gruß vom Hans

Mein lieber Erich,
Danke für den Hinweis auf den Rechtschreibefehler. "Hinunterzieht" wird sogleich verbessert. Das andere ist der Umstand, dass die Zielaussage wegen zwei Hebern vernichtet wird (V3 eitel ist nicht zügellos). Auch handelt es sich in V1 Z2 nicht um ein Enjambement. Hier ist meine Interpunktion falsch. Ebenso ist die Verwendung des Gedankenstrichs für mich nicht befriedigend. Man könnte (--) verwenden, sieht aber gewöhnungsbedürftig aus. Es gibt auch die prosodische Relevanzpause (//) als Zäsur vor der paranthesischen Segmentierungspause. Das sind Hinweise auf Tonhöhe, Taktgeschwindigkeit und ist hilfreich bei der Lesart. Ein einfacher Gedankenstrich kann das eben nicht. Ich habe das Werk umgestaltet, obwohl mich die Zeichen irritieren.

Das andere (das komplexe Denken) dir nahezubringen ist wohl genauso unmöglich wie mir das starre Metrikskelett. Immerhin frage ich mich nicht mehr "willst du nicht oder kannst du nicht"... Trotzdem besten Dank für deine Hinweise. Schöne Restwoche. Gruß vom Hans
« Letzte Änderung: Dezember 26, 2020, 15:11:40 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Sufnus

Re: Emsiger Monilith
« Antwort #4 am: Dezember 26, 2020, 21:45:53 »
Hi Hans!
Danke für das Angebot! :) Schlangenhöhle klingt... interessant... es gibt noch viel zu lernen! :)
Jedenfalls sind die Kontaktdaten eingespichert, sollte es mich mal wieder in diese schöne Ecke verschlagen, meld ich mich! :)
LG!
S.