Autor Thema: Monster, wenn wir uns begegnen ...  (Gelesen 902 mal)

Aspasia

  • Gast
Monster, wenn wir uns begegnen ...
« am: Februar 14, 2016, 14:54:57 »
Den Weg verloren, irrgeführt
bei Anbruch einer wilden Nacht,
das Herz war mir mit Angst umschnürt,
vor einer bösen, fremden Macht.

Ich fühlte es in Bein und Mark:
Ein Dämon war gefährlich nah,
sein Schweiß, sein Atem rochen stark,
da sagte ich zum Kämpfen: Ja!

Der Dämon hielt sich lang versteckt,
bis ich ihm jeden Raum verengt
und er verstand: Er war entdeckt!
Er stellte sich uneingeschränkt,

und als ich ihm ins Antlitz sah,
ließ Puls, ließ Atem mich im Stich:
Der Dämon, der mir kam so nah,
war niemand anders als mein Ich.

14.02.2016

Erich Kykal

Re: Monster, wenn wir uns begegnen ...
« Antwort #1 am: Februar 14, 2016, 16:41:48 »
Hi, Aspasia!

Die "böse, fremde Macht" - das eigene Ich!

Manche Teile unserer Selbst betreten wir nicht gerne, und manches wünschen wir uns für immer unentdeckt, weil unbenötigt.

Wir alle sind zu niederem Tun imstande - ein Überlebensinstikt. Aber manchmal sind wir auch einfach nur unsozial, gehässig und böse - entweder aus Gründen, die wir für wichtig halten und uns hinterher schönreden, oder einfach aus niederer Gesinnung, Egoismus oder Rachsucht.
Dabei meine ich nicht die Taten von Soziopathen oder Psychopathen, denen einfach der mitfühlende Wesensteil fehlt und die nur aus Berechnung oder Instikt handeln - nein, das wahre Böse versteckt sich in jenen am geschicktesten, die sich selbst für gut und moralisch halten oder für die ein solcher gesellschaftlicher Ruf aus verschiedentlichen Gründen wichtig ist, sei es für das Selbstbild oder aus taktischen Gründen.

Jene Abgründe unserer selbst dämonisieren wir dann gerne und schauen ungern hin. Das nährt sie und lässt sie erstarken, bis sie uns zeitweilig oder ganz erobern. Ich habe schon vor vielen Jahren gelernt, meine Dämonen zu umarmen, sie als Teil meiner selbst zu akzeptieren. So habe ich sie immer im Auge und kann freundlich mit ihnen sprechen, wenn sie wieder mal eine Party schmeißen wollen - und es ihnen ausreden!
Wir alle müssen lernen zu sagen: Ich bin alles, was ich bin - auch jene Teile, von denen mir lieber wäre, ich hätte sie nicht. Auch jene Bereiche machen mich mit aus und haben ein Recht, Teil des Ganzen zu sein - ja, sie müssen es sogar, denn nur wer das Böse kennt, kann das Gute überhaupt definieren!
Wer diese Weisheit leugnet, wird zum Triebtäter oder Fanatiker, der nur noch seine Sucht oder seine Mission sieht und alles andere missdeutet, nur um dieses Eine zu rechtfertigen, wofür er lebt und dem er alles andere unterordnet - auch das Wohl seiner Mitmenschen. Solche Menschen nehmen nur noch wahr, was sie wahrnehmen wollen!
Dort haben die Dämonen gesiegt, dort wird nicht mehr hinterfragt oder gezweifelt. Die äußere Fassade wird zum Inhalt, und das Innere bleibt im Dunkeln - unerträglich, es nun noch zu erhellen!

Also ist es gut, ab und zu dem eigenen Dämon zu begegnen und sich ihm zu stellen, um zu wissen, wo man steht. Ich geh jetzt erst mal den meinigen wieder mal guten Tag sagen ...  ;) >:D

LG, eKy
« Letzte Änderung: Februar 14, 2016, 16:44:34 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Aspasia

  • Gast
Re: Monster, wenn wir uns begegnen ...
« Antwort #2 am: Februar 14, 2016, 18:34:05 »
Sehr schön analysiert, lieber Erich. Der Dämon ruht in jedem von uns. Es gibt ihn in jeder Erzählung, in Märchen, Sagen, Kinogeschichten, überall.

Danke und liebe Grüße,
Aspasia

gummibaum

Re: Monster, wenn wir uns begegnen ...
« Antwort #3 am: Februar 15, 2016, 08:45:53 »
Hallo Aspasia,

ich hatte nicht mit dieser Auflösung gerechnet und bin von ihr sehr angetan. Man verbaut sich ja meist selbst den im Weg und sucht den Gegner in anderen.

Sehr gern gelesen.

LG gummibaum

 

cyparis

Re: Monster, wenn wir uns begegnen ...
« Antwort #4 am: Februar 16, 2016, 16:09:44 »
Liebe Aspasia,

obwohl das fast nicht realisierbar ist - ich zähle das zu Deinen besten Gedichten.

Anregung für den vorletzten Vers:

Der Dämon, plötzlich mir so nah,


Neidlos anerkennenden Gruß

von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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Curd Belesos

Re: Monster, wenn wir uns begegnen ...
« Antwort #5 am: M?RZ 02, 2016, 21:41:57 »
moin moin Aspasia,

die Gedanken, die mir beim Lesen kamen, wurden von Erich und gummibaum bereits vorgetragen, und die Anregung zu S4/Z3 gab dir bereits Cyparis.

Bleibt mir nur noch zu sagen: danke.

LG
CB

 ;D
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