Hi, Larkin!
Du machst leider so viele formale Schnitzer, dass der Inhalt deiner Zeilen darüber in den Hontergrund gerät. Hier die erste Strophe:
Der erhobene Zeigefinger will uns weisen
wohin es geh'n soll auf uns'ren Reisen.
Der Sophist, er spricht zu uns - den armen Sündern:
"Der Teufel will den Reichtum uns'res Seelenheils plündern!"
Die erste Zeile beginnt betont, hat sechs Silben ("erhobene" musst du kürzen, sonst reihen sich zuviele unbetonte Silben aneinander): "
Der er
hobne
Zeigen
finger
will uns
weisen" - die betonten Silben sind fett gedruckt. Am Zeilenende fehlt ein Komma.
Diese Folge solltest du nun beibehalten, soll ein einheitliches Taktbild, eine klarer Rhythmus entstehen.
Aber schon Z2 beginnt unbetont und hat nur 5 Heber, zudem ist das "gehen" hier zu Unrecht verkürzt (und keiner verwendet dafür heute noch einen Apostroph!): "wo
hin es
gehen
soll auf
unsern
Reisen." ("unsern" geht auch und klingt zudem runder)
Zeile drei folgt wieder dem Schema von Z1.
In Z4 fehlt zwischen "Seelenheils" und "plündern" fehlt hier eine Silbe, das wirft den Leser aus dem Takt. Altern.: "Seelenheil
es plündern." Damit hätte die Zeile dann aber 7 Heber, man muss also noch irgendwo kürzen.
Richtig formuliert läse sich die erste Strophe also so:
Der erhobne Zeigefinger will uns weisen,
allwohin es gehen soll auf unsern Reisen.
Der Sophist, er spricht zu uns, den armen Sündern:
"Der Teufel will den Reichtum aller Seelen plündern!"
So haben alle Zeilen dasselbe Schema: Betonter Auftakt, sechs Silben, weibliche Kadenz.
So sollten sich alle weiteren Zeilen in diesen Takt fügen, indes, davon kann leider keine Rede sein! Ich möchte die restliche Korrektur allerdings dir überlassen, jetzt wo du hoffentlich weißt, worauf es ankommt.
Dennoch ein paar Hinweise:
Die Sitte - ach, wär' man ihr doch nur gewahr!
- unbetonter Auftakt! 5 Heber.Doch, leider: "Tu es diaboli janua!"
- unbetont! 5 Heber.Die Schuld wird uns auf die Stirn gebrannt
- unbetont! Betonungsproblem "uns auf" (Lösung: "die Schuld, sie wird uns auf die Stirn gebrannt"). 5 Heber.und jede Lust wird als Teufelswerk verbannt.
- unbetont! Betonungsproblem "Lust wird". (Lösung: "und jede Wollust wird als ...") Der Mensch soll nicht leben nach der Natur,
- unbetont! 4 Heber.er muss Leisten Gottes großen Schwur.
- unbetont! "leisten" klein. 5 Heber.Doch ist die Natur nicht Gottes Arbeit
Betonungsproblem "ist die" (Lösung: "Doch ist Natur nicht Gottes große Arbeit"). 5 Heber.und daher Lust das große Ziel - nicht ertragend' Leid?
- unbetont! Betonungsproblem "Ziel - nicht" (Lösung: "und" statt Bindestrich). 7 Heber. "etragend' Leid" falsche Formulierung.Entlarven wir also unseren Sophist,
- unbetont! Betonungsproblem "also".der seine gute Flagge auf großem Unrecht hisst.
Betonungsproblem "Flagge auf".Wer der Advocatus diaboli ist?
Auch hier kein Takt!- es ist unser großer Moralist!
- unbetont! Betonung!Das große Gute - es schreibt vor und klagt,
- unbetont. 5 Heber.ohne, dass es eigene Erfahrung wagt.
Wer aber will Vernunft erlernen,
Betonung "wer aber" indifferent. Bei betont gelesenem Auftakt Betonungsproblem "aber".kann er nicht einmal von großer Sünde schwärmen?
Der ganze Text ist quasi eine Aneinanderreihung von Senkungsprallen, unterschiedlichen Heberzahlen, wechselnden Auftakten und beliebigen Kadenzen, kurz, es kann kein Rhythmus entstehen, alles liest sich zerfleddert und zerfahren.
Entweder du hast das rasch und ohne Überarbeitung verfasst, warst vielleicht nicht ganz nüchtern dabei, oder - und dies bleibt andernfalls als einzige Annahme übrig - es mangelt dir eklatant an sprachlichem "Taktgefühl"!
LG, eKy