Autor Thema: Ich zog die Rose ...  (Gelesen 1262 mal)

Erich Kykal

Ich zog die Rose ...
« am: Mai 05, 2015, 20:44:20 »
Du lebtest lang in meinen Sternenblicken,
so tief und selig glühte mein Verlangen.
Doch dieses Feuer, es ist ausgegangen,
und mit ihm alle Freude und Entzücken.

Ein Dauernderes wollte mir nicht glücken,
das Große, Ewige, es blieb verhangen,
und alle kleinen Glücke, die gelangen:
zu tief versunken, sich danach zu bücken.

Ich zog die Rose nur, um sie zu knicken,
wie tief auch immer ihre Dornen drangen.
So manche Blume wusste ich zu pflücken,

stets unversehrt und ohne zu verletzen.
Sie zählen nicht - nur tränenfeuchte Wangen
erblühn im Schmerz und wissen ihn zu schätzen.
« Letzte Änderung: Juli 31, 2017, 13:15:09 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #1 am: Mai 06, 2015, 11:41:59 »
Hi eKy,

wieder ein Sonett, vor dem ich mich nur - fast sprachlos - verbeugen kann. Botanisch gesehen haben Rosen keine Dornen, sondern Stacheln.

Sehr gern gelesen und auch alles verstanden. Ich sage dies aus folgendem Grund: Kürzlich hat der Dichter Jan Wagner, dem der Mörikepreis 2015 der Stadt Fellbach verliehen wurde, nach der Preisverleihung bei einer Lesung seiner Gedichte, auf die Verständlichkeit von Gedichten angesprochen, vor Schülern gesagt, Gedichte müssten nicht perse verständlich sein, solche, die es sind, seien meist keine guten.

Liebe Grüße
Fridolin


Erich Kykal

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #2 am: Mai 06, 2015, 13:11:05 »
Hi, Fridolin!

Interessantes Zitat - ich habe eher das Gefühl, da macht es sich einer gar zu einfach! ;) Meines bescheidenen Erachtens können nur verstandene Gedichte wirklich gute Gedichte sein! Und ich meine sowohl kognitives wie emotionales, intuitives Verstehen! Da bin ich offenbar konträrer Ansicht zu Herrn Wagner. ::)

Das mit den Stacheln mag botanisch korrekt sein, aus lyrischem Ermessen möchte ich aber bei den sprachlich gefälligeren Dornen bleiben! ;)

Vielen Dank für Kommi und Lob! :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 06, 2015, 18:10:59 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #3 am: Mai 06, 2015, 15:36:09 »
Zitat
Das mit den Stacheln mag botanisch korrekt sein, aus lyrischem Ermessen möchte ich aber bei den sprachlich gefälligeren Dornen bleiben!

Aber sicher! Ich doch auch. Man stelle sich mal vor, das berühmte Dornröschen hieße Stachelröschen. Nicht auszudenken. Umgekehrt ist es übrigens bei Kakteen, die haben Dornen, obwohl sie aussehen wie Stacheln.

LG Fridolin

Erich Kykal

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #4 am: Mai 06, 2015, 18:15:57 »
Das lässt in mir die Frage reifen, was denn nun der eigentliche Unterschied sei zwischen Dorn und Stachel?

Dass vielleicht das eine aus der Substanz des Stammes selbst erwächst, während das andere eine Art umgewandeltes Blatt ist, das aus der Rinde hervorwächst?

Das zumindest würde mir logisch erscheinen ...

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #5 am: Mai 07, 2015, 07:45:36 »
Ja, eKy, so ist es. Stacheln sind wie Pickel auf der Haut, sie lassen sich leicht entfernen. Als Kinder haben wir bei Rosen die Dornen (Stacheln) mit den Fingern abgezwickt und auf die Nase gesetzt. Mit Dornen wäre das nicht so leicht gewesen, da Dornen feste Teile des Pflanzengewebes sind.

LG Fridolin




charis

  • Gast
Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #6 am: Mai 08, 2015, 21:58:27 »
Lieber Eky,
Ja, mit dem kognitiven Verstehen, bin ich mir nicht ganz sicher, aber intuitiv und emotional bin ich dabei! ;)
Das Herz wird kälter...vielleicht hätte mann es doch zulassen und diesen süßen Schmerz riskieren sollen, nach dem mann sich unter dem Sternenhimmel in lauen Sommernächten so oft gesehnt hat!? "Aber wer weiß...",
spricht die Dornengekrönte  ;)
Wie immer natürlich Lyrik vom Feinsten!
Lieben Gruß
charis



« Letzte Änderung: Mai 08, 2015, 22:08:05 von charis »

cyparis

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #7 am: Mai 28, 2015, 16:29:11 »
Hi, Fridolin!

Interessantes Zitat - ich habe eher das Gefühl, da macht es sich einer gar zu einfach! ;) Meines bescheidenen Erachtens können nur verstandene Gedichte wirklich gute Gedichte sein! Und ich meine sowohl kognitives wie emotionales, intuitives Verstehen! Da bin ich offenbar konträrer Ansicht zu Herrn Wagner. ::)

Das mit den Stacheln mag botanisch korrekt sein, aus lyrischem Ermessen möchte ich aber bei den sprachlich gefälligeren Dornen bleiben! ;)

Vielen Dank für Kommi und Lob! :)

LG, eKy

So ist es, lieber Erich!
Und ich habe wieder jedes Wort genußvoll eingesogen.
Welche Wonne Du doch immer wieder bereiten kannst!


Dankbaren Gruß
von
Cyparis

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Ich zog die Rose ...
« Antwort #8 am: Mai 28, 2015, 19:23:22 »
Hi, Charis!

Sooft ich ihn, den "süßen Schmerz" zuließ, zerbrach er etwas in mir - süß kam er mir nie vor!

Zum "kognitiven" Verstehen: Wenn ich eigentlich gar nicht weiß, worum es dem Autor eines Gedichts dabei eigentlich ging - was nutzt mir das sein inniges Beschwören von Gefühlen? Ich habe ja nichts, woran ich diese Emotionen festmachen könnte - also gehen sie ins Leere!


Hi, Cypi!

Wie immer allerliebsten Dank für deine begeisterten Kommentare - sie begeistern mich stets ebenso wie dich meine bescheidenen Zeilen! ;)


LG euch beiden!

eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.