Autor Thema: Verloren  (Gelesen 1421 mal)

Erich Kykal

Verloren
« am: Mai 17, 2015, 08:55:05 »
Versandet sind die Brunnen meiner Augen,
und Bilder, die im Salz der Tränen brennen,
verweigern sich dem tröstlichen Erkennen.
Wozu noch mag die Welt dem Blinden taugen?

Verklungen sind die Echos meines Lauschens.
Ich taste Wege, die ins Leere führen,
kann ohne Sinne keine Nähe spüren:
den Reigen eines tief gefühlten Tauschens.

In welche Wüste bin ich hingekrochen,
verwundet von verschwendeten Gedanken
und an zu früh Gescheitertem gebrochen?

Nun schweigt die Erde und die Himmel wanken.
Ich sauge letztes Mark aus meinen Knochen,
darum sich schon die ersten Dornen ranken.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Verloren
« Antwort #1 am: Mai 17, 2015, 11:44:04 »
Lieber Erich,

alle Sinne zersetzt, aller Austausch vorüber und selbst die mineralischen Reste von Dornen abgeschirmt. Und dieses düstere Schicksal als Folge eigenen Strebens nach den lichten und erfüllenden Lebensquellen.

Schöne Bilder für das Verfehlte und den Verlust.

Fühl dich herzlich gedrückt von

gummibaum


« Letzte Änderung: Mai 17, 2015, 11:46:34 von gummibaum »

Aspasia

  • Gast
Re: Verloren
« Antwort #2 am: Mai 17, 2015, 11:50:31 »
Lieber Erich,

wie Du weißt, bin ich keine Freundin des Erhabenen, und auch dieses Gedicht musste ich zweimal sehr aufmerksam lesen, damit es mich unter der Haut erreichte. Das ist ihm gelungen. Sprachlich und inhaltlich ist das Gedicht - wenngleich von einer steinerweichenden Traurigkeit - großartig. Außerdem ist es ein Musterbeispiel dafür, wie stark die Wirkung sein kann, wenn der Einsatz von Adjektiven/Adverbien auf das Notwendige beschränkt bleibt und aussagefähige Bilder durch überlegt eingesetzte Substantive und Verben erzeugt werden. Das bewahrt jeden Text, nicht nur Gedichte, davor, überladen zu werden.

Ein Highlight, um es kurz und bündig in Neudeutsch auszudrücken  :).

Liebe Grüße
Ilka


Erich Kykal

Re: Verloren
« Antwort #3 am: Mai 17, 2015, 12:57:48 »
Hi, ihr beiden!

Erst mal vielen Dank für das durchweg positive Echo - das erfreut das schüchterne Poetenherz! :)

Für die Thematik gab es eigentlich keinen persönlichen Anlass. Ich suchte einen Inhalt und blieb einfach an solch einem Weltschmerzlamento hängen.  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Aspasia

  • Gast
Re: Verloren
« Antwort #4 am: Mai 17, 2015, 13:09:50 »
Für die Thematik gab es eigentlich keinen persönlichen Anlass. Ich suchte einen Inhalt und blieb einfach an solch einem Weltschmerzlamento hängen.  ;)

Das habe ich auch so verstande, wäre ja schlimm, wenn Du in Deinem noch jugendlichen Alter bereits blind und taub wärst.

Erich Kykal

Re: Verloren
« Antwort #5 am: Mai 17, 2015, 13:43:09 »
Hi, Aspasia!

Dir sollte aber nicht entgangen sein, dass es sich hierbei um Metaphern handelt: Gemeint im übertragenen Sinne sind die "inneren" Sinne der Gefühlswelt, welche die Schönheit der äußeren Welt wahrnehmen. Ohne sie wird diese äußere Welt und folgend auch die innere dem Menschen zur Einöde, in der er sich nur selbst verzehrt ...

Und nur weil du vielleicht ein paar Jährchen älter sein magst, darfst du mein Alter noch lange nicht als "jugendlich" bezeichnen, verbinde ich als Lehrer mit diesem Begriffe doch  hauptsächlich eine grundsätzliche geistige und seelische Unreife, der ich mich mittlerweile doch einigermaßen entwachsen glaube! ;) :D

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 17, 2015, 13:47:01 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Aspasia

  • Gast
Re: Verloren
« Antwort #6 am: Mai 17, 2015, 14:26:46 »
Und nur weil du vielleicht ein paar Jährchen älter sein magst, darfst du mein Alter noch lange nicht als "jugendlich" bezeichnen, verbinde ich als Lehrer mit diesem Begriffe doch  hauptsächlich eine grundsätzliche geistige und seelische Unreife, der ich mich mittlerweile doch einigermaßen entwachsen glaube! ;) :D

LG, eKy

Liegt mir fern. Ich lerne immer noch dazu. Trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, von meinem Sohn wie von einem ICE überfahren zu werden. Je älter ein Mensch wird, desto mehr Parallelwelten entstehen, und in allen kann niemand vollständig zu Hause sein. Das gilt allerdings auch umgekehrt. Junge und Alte haben sich immer gegenseitig etwas voraus, aber auch ihre Mankos. Deshalb ist es wichtig, nicht nur miteinander, sondern auch voneinander zu lernen. Was umgekehrt allerdings ebenfalls sinnvoll ist. Aber das passiert ohnehin automatisch.

Erich Kykal

Re: Verloren
« Antwort #7 am: Mai 17, 2015, 15:00:36 »
Hi, Aspasia!

Da habe ich den Vorteil, dass mir meine Schüler niemals geistig gewachsen sein werden - damit die mich überrollen können, müsste ich schon erklecklich verblöden! ;) ;D ;D

Allerdings ist es hier die schiere Rudelmasse der menschlichen Unreife und Dummheit, an der sich der Geist mit den Jahren aufreibt ...  ::)

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Verloren
« Antwort #8 am: Mai 28, 2015, 18:29:51 »
Lieber Erich,


ich würde "zerbrochen" schreiben.
Dann wäre dieses wundervolle, deprimierende Gedicht in meinen Augen perfekt.

Herzliche Grüße
von
Cyparis
(noch elefantenbeinig)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Verloren
« Antwort #9 am: Mai 28, 2015, 19:02:03 »
Hi, Cypi!

Habe dies schon selbst hin und her überlegt - mir gefällt beides, und das "zer" mit Zischlaut erschien mir etwas weniger lyrisch. Ist wohl Geschmacksache.

Vielen Dank für die lieben Worte! :)

LG, eKy

PS: Möge die weise Elefantendame rasch wieder zur flinken Gazelle werden! ;)
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.