Hi, Charis!
Ein Gedicht von guter Basis - die Grundkonstruktion ist gefällig, der Inhalt tragfähig und gut verdichtet.
Mit einigen Bedeutungszusammenhängen tu ich mich schwer, und auch sprachmelodisch holpert es hie und da. Einige Worte wirken recht unlyrisch (Matsch/Quatsch, Krampf, verzockt, zighundert), harte Worte stören den Duktus.
S1Z1 - Das "
da pflügt" wirkt sprachlich ungelenk.
S1Z3 - Die Teilsätze sind kaum verknüpft, wirken gewaltsam zusammengepresst.
S2Z2 - Hier beginnt ein Teilsatzmoloch, dem zu folgen schwer fällt. Nach "zusammenzukleben" müsste in S3Z1 die korrekte Formulierung übrigens "hebt er das Mögliche zur Fülle" lauten. Das geht aber schon wegen des betonten Auftaktes nicht.
S3Z4 - Erneut ein sprachlicher Homunkulus: "
da bockt".
S4Z1 - Hier fehlt dem 2. Satzteil ein erklärendes "er sagt", "er meint" oder Ähnliches. Es ist auch so verständlich, aber man verliest sich so leicht: Zuerst las ich: "..., das manches verrückt."
S4Z4 - Das "ward" wirkt etwas antiquiert, ebenso der Ausdruck "Behuf" (der allerdings gefällt mir!). Zusammen etwas zuviel des Guten.
Insgesamt fällt es schwer, der roten Linie zu folgen und die sprachlich teils stark "veredelten" Bilder zu deuten (da werfe ich wohl mit Steinen aus dem eigenen Glashaus!
). Die Mischung aus lyrischem Konstrukt und einigen recht unlyrischen Ausdrücken darin wirkt unausgeglichen. Die wechselnden Kadenzen tun ein Übriges: S1 - m-m-m-m, S2 - w-m-w-m, S3 - w-m-w-m. S4 - m-m-m-m
Ich versuche eine sprachmelodisch weichere Version:
Am Rande des Täglichen pflügt
er Furchen in gräulichen Sand,
verschließt sich dem Leben und lügt
sich größer am eiternden Rand,
belagert von hunderten Pflichten.
Zerschlissen vom täglichen Reiben
an undurchdringlichen Schichten,
die seine Verluste beschreiben.
Das Mögliche hebt er zur Fülle
und Ehrlichkeit hat er verspielt.
Sein Dasein nur schlotternde Hülle,
und hinter das Zeitliche zielt
kein Fühlen nach höherem Streben.
Verloren, was Freude ihm schuf,
zersplittert im scheinbaren Leben
wird Selbstherrlichkeit sein Behuf.
Die Kadenzen konnte ich auch nicht vereinheitlichen, ohne deine Basis allzu sehr zu verzerren, aber ich legte den Schwerpunkt auf sprachliche Flüssigkeit, Versmelodie und harmonischen Duktus.
Nimm davon, was dir geeignet erscheint. Ich will hier nicht schulmeistern, bloß ein Beispiel geben, um zu verdeutlichen, was ich meine. Vergleiche selbst.
Sehr gern gelesen und bearbeitet!
LG, eKy