Hi gum!
Das ist wirklich schön, dass dieses großarige kleine Weihnachtsmärchen über eine mutige Schneeflocke und ihren Freund den Maulwurf nun in einem eigenen Rähmchen die Wiese schmücken darf!
Natürlich verwundert es wohl weder Dich noch eKy, dass ich die ursprüngliche Formulierung "er war nicht auf der Weihnachtsschiene" sehr viel schöner und, ja, auch poetischer (!) finde als "er zeigte keine Weihnachtsmiene". Natürlich ist das vollkommen dem subjektiven Geschmack anheimgestellt... aber ich finde meinen Geschmack da eigentlich ganz gut
(nur eine Neckerei Richtung eKy
).
eKy, Du zielst in Deinem poetologischen Geschmack und Deiner Definition von "poetisch" einerseits auf inhaltliche und formale Klarheit und Einheitlichkeit sowie andererseits auf etwas schwerer fassliches, dem ich jetzt einmal den Arbeitstitel "hoher Ton" geben möchte (korrigiere mich natürlich gerne, wenn Du Dich falsch dargestellt siehst).
Was mit dem Klaren und Einheitlichen gemeint ist, lässt sich vergleichsweise leicht erklären: Einheitliches, regelhaftes Metrum, gleichmäßige Heberzahl, regelhafte Kadenzen, saubere Reime nach einem nachvollziehbaren Schema, inhaltliche Eindeutigkeit und Verständlichkeit usw.
Beim "hohen Ton" (wie gesagt, nur mal ein Arbeitstitel) wird es etwas kniffliger, weil Deine Poetologie durchaus auch Kraftausdrücke zulässt (wenn auch nicht als Selbstzweck), sofern sie inhaltlich angemessen sind. Worum es geht, ist meines Erachtens eine Vermeidung von Flapsigkeiten und Ungenauigkeiten (auch geht es letztlich u. a. wieder um "Klarheit"), wie sie dem Alltagsjargon zu eigen sind. Aber auch Fachjargon und technische Ausdrücke (obwohl diese ja in der Regel durchaus Genau und "Un-flapsig" sind) möchtest Du eher vermeiden bzw. Du empfindest sie als im poetischen Kontext störend. Dito würdest Du fremdsprachliche Ausdrücke (sofern sie nicht sehr eingebürgert sind) als unpoetisch vermeiden.
In meiner persönlichen Poetologie ziele ich hingegen eher auf das Unvollständige, Beschädigte, ich lasse Bruchlinien formaler und inhaltlicher Art bewusst stehen und setze den hohen Ton nachdrücklich der Herausforderung der Umgangssprache aus. Das ist keinesfalls als Lust an der Destruktion (oder vornehmer: Dekonstruktion, was dann letztlich das selbe meint) misszuverstehen. Die Brüche und Läsionen, die ich dem Gedicht zufüge, sind eher als eine Art Stresstest zu verstehen. Nur diejenige "hohe Rede", die diese "Challenge"
aushält, darf Bestandschutz einfordern, ist gültig.
Aus dieser langen Rede wird vielleicht grob verständlich, warum mir eine "Weihnachtsschiene", die unversehens in einem schönen (!) Gedicht auftaucht, besser gefällt als die vergleichsweise harmlose "Weihnachtsmiene"... und warum es bei eKy genau anders herum ist.
LG!
S.