Autor Thema: Grenzerfahrung  (Gelesen 1185 mal)

Koollook

Grenzerfahrung
« am: Juli 31, 2014, 07:17:38 »
Grenzerfahrung

Sein Land ist schön,
die Sonne scheint,
das Meer ist warm,
die Menschen freundlich.
Sein Herz ist weit und es verläuft sich
zwischen den hohen Palmenbäumen.

Er geht nach draußen,
sieht den Himmel
und Wolken fließen sorglos weiß.
Er atmet ein und atmet aus,
schließt seine Augen
und vergisst.

Vergisst,
dass hinter ihm die Grenze
aus Stacheldraht und Elend liegt.
Vergisst die Trümmer und Raketen,
und all die Mütter, die noch beten
in Worten, die er nicht versteht.

Er weiß nicht mehr,
was gestern war,
denn Krieg ist Krieg,
Befehl Befehl.
Dieser Moment ist ohne Fehl
und Tadel kann er sich nicht leisten.


Jana

Re:Grenzerfahrung
« Antwort #1 am: Juli 31, 2014, 18:19:30 »
Hallo Artem,

mir gefällt dein Gedicht sehr. Ich finde auch den Titel sehr gut gewählt.
Kompliment!

Jana :)

cyparis

Re:Grenzerfahrung
« Antwort #2 am: Juli 31, 2014, 18:31:21 »
Hallo, Koollook -

das ist bitter und anrührend.
Die beiden Schlußverse sind genial.
Das sich verlaufende Herz kommt mir ungewöhnlich vor.
Kann es sich nicht verlieren?


LG
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Koollook

Re:Grenzerfahrung
« Antwort #3 am: August 04, 2014, 05:25:17 »
Hallo Jana,
Hallo Cyparis,

vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Ja, ein sich verlaufendes Herz ist ungewöhnlich. Aber tut es nicht jedes Herz, wenn es sich seiner Gefühle nicht sicher ist und in den wenigen, schönen Momenten nach Vergessen trachtet? Kann ein Herz vergessen? Was der Kopf kann, kann es schon lange. Ob es sich verlieren kann? Ja, nur hat es ein kleines Glöckchen an der linken Herzkammer und das Hirn findet es immer wieder und holt es zurück.^^