Autor Thema: Verpatzt  (Gelesen 889 mal)

gummibaum

Verpatzt
« am: September 12, 2013, 23:14:33 »
Die Züge wirkten heiter schlicht,
bevor er sich geschminkt,
doch unterm Stift wächst ein Gesicht,
das ganz im Leid ertrinkt.

Ein Schatten steigt aus Seelengrund,
der allen Frohsinn frisst,
mit jedem Strich mehr zeigt, wie wund
das Lächeln wirklich ist.

Und so, authentisch, tritt er an,
stellt sich vors Publikum,
und lacht, so grell er lachen kann,
dann aber weint er stumm.

Das Publikum sieht einen Clown,
der Trauer gießt ins Glück.
Muss sich hier selbst ins Antlitz schaun -
verlangt sein Geld zurück.
 
« Letzte Änderung: September 15, 2013, 09:48:25 von gummibaum »

Erich Kykal

Re:Verpatzt
« Antwort #1 am: September 13, 2013, 17:19:38 »
Hi, Gum!

S1Z4 - Das "dass" hat hier leider ein "s" zuviel! ;)

Sehr gern gelesen. Gut getroffen, aber müsste es nicht logischer heißen, dass er ein Clown ist, der Glück mit Trauer würzt? Erst lacht er, dann weint er. Da das Lachen zuerst genannt wird, erscheint es dem Leser automatisch als der dominierende Faktor, und so empfindet er die besagte Wendung als quasi verkehrt herum aufgezäumt. Ist aber nur ein winziges Detail...

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Verpatzt
« Antwort #2 am: September 13, 2013, 18:38:26 »
Hallo Gummibaum,

ein Clown, der todunglücklich ist und das Publikum zum Lachen bringen soll - was für eine traurige Geschichte!
Allein schon der Gedanke an eine solche Situation ist schmerzlich.

Du hast das Thema gefühlvoll und überzeugend dargestellt und mir gefällt dein Gedicht sehr gut!

LG Daisy

gummibaum

Re:Verpatzt
« Antwort #3 am: September 14, 2013, 14:37:38 »
Danke, Erich und Daisy. Ich habe auch ein altes Gedicht zum Thema wiedergefunden und werde es einstellen.


Nun, Erich, zu der Strope 4

erste -ursprüngliche- Version:


Das Publikum sieht keinen Clown,
der Trauer würzt mit Glück.
Muss sich hier selbst ins Antlitz schaun -
verlangt sein Geld zurück.

zweite Version:

Das Publikum wünscht einen Clown,
der Trauer würzt mit Glück.
Muss sich hier selbst ins Antlitz schaun -
verlangt sein Geld zurück.

dritte Version: s.o.

Was ist für den Leser am eindeutigsten? Ratlos gummibaum


« Letzte Änderung: September 15, 2013, 09:54:53 von gummibaum »

cyparis

Re:Verpatzt
« Antwort #4 am: September 30, 2013, 18:43:01 »
Lieber Gummibaum,


ich glaube immer noch nicht an den todtraurigen Clown, der unter seinem geschminkten Lachen seinen Weltschmerz verbirgt.
Ich habe Grocks Memoiren gelesen und eine Reportage über Charlie Rivel - ein sozusagen "stinknormales" Leben bei beiden, wie bei allen Zirkusarbeitern.

Aber das Gedicht ist gut!

Herzlichen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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