Ich möchte von Puccinella erzählen, dem Wesen, das mich erlöste. Ich konnte nicht weinen, bis Puccinelle starb.
Sie starb so früh, dass ich keine Gelegenheit hatte, sie kennen zu lernen, nicht einmal weiß, welches Geschlecht sie hatte. Wir sahen sie lediglich im Ultraschall als winziges Pünktchen, in einer Nische der Gebärmutter und winkten ihr zu. Wir gaben ihr ihren Namen in diesem selben Moment. So sollte sie heißen, wenn wir von ihr sprachen, an sie dachten, wenn wir ahnten, wie sie im Innern jetzt wachte, horchte, sich drehte, mal schwamm und immer wuchs.
Doch Puccinella, damals, als du so klein warst wie eine Fliege, eine Biene oder ein Kolibri, da war ich doch erst auf dem Wege zu einer richtigen Vaterschaft, da war ich noch nicht selbstlos und liebevoll genug. Als du mich gebraucht hättest in deiner Verletzlichkeit, als du noch nicht schreien und rufen konntest - nein, da war ich noch immer zu sehr auf mich, auf den Genuss der sogenannten Freiheit konzentriert.
Und obwohl ich von mehreren hörte, dass man dich nicht zu weit von der sicheren Erde heben darf, ich hielt "meine Puccinella" schon für robust genug und buchte kurzerhand den Urlaub. Und als wir im Flugzeug waren, dachte ich schon gar nicht mehr an dich. Ich zeigte hinunter auf die Wolkenbänke und das Meer und lachte.
Und tatsächlich wurde es nun eine wunderschöne Zeit. Ein letztes Mal frei wie früher, bevor du kommen würdest.
Doch am vorletzten Tag auf der Insel hast du dich gemeldet. Du sagtest uns auf deine Weise, das du nicht im Urlaub, sondern durch uns in der Hölle warst. Deine Mutter blutete zwischen den Beinen und dies Bluten kam von keiner äußeren Verletzung, nach der wir suchten, weil wir nicht wahrhaben wollten, dass du im Sterben lagst.
In der Klinik kamen blutige Brocken ans Licht und nichts davon hatte deine Augen, die erloschen und eingetrocknet waren, noch bevor du endlich aufgabst, für uns durchzuhalten und da zu sein.
Auf dem Rückflug sah ich die Wolkenbänke wieder und das Meer und diesmal hatte alles die Farbe deiner Augen. Ich aber weinte für dich.
(aus dem Fundus)