Kinderherz

[Erich Kykal]

Sag, was nur haben damals wir verloren,
als man uns hieß, Erwachsene zu sein?
- Ein Silberlachen, unbewusst und rein,
und tausend Träume, neu und ungeboren.

Sag, wessen wir uns allzu leicht benahmen,
als nüchtern zu berechnen man uns lehrte?
- Ein stummes Ahnen um das nie Begehrte,
das ebendarum wir umsonst bekamen.

Sag, was ist von der Seligkeit geblieben,
als wir Erwählte waren aller Zeit?
- Erinnern an die Allgeborgenheit,
die uns berührt, wenn wir uns neu verlieben.

[Daisy]

Hallo Erich,

dein Gedicht, in dem sehr viel Gefühl und Wehmut mitschwingt, ist bezaubernd!

Es entführt mich umgehend zurück in die Kindheit und lässt mich deine Worte ganz intensiv nachempfinden.
Wie kurz ist doch die Zeit in einem Menschenleben, in der man so unbeschwert sein darf.

Frage: ... als kühle zu berechnen man uns lehrte? ... , ist in diesem Fall Klein- oder Großschreibung richtig? Vielleicht versteh ich's falsch.

LG Daisy

[Erich Kykal]

Hi, Daisy!

Das ist hier kein Hauptwort, sondern eine alte, lyrische Form von "kühl". Gab's früher für fast alle Adjektive: Sacht oder sachte, gelind oder gelinde,...
Heute haben manche "e"-Formen einen Bedeutungswandel zum ursprünglichen Adjektiv erfahren, viele andere sind nicht mehr gebräuchlich. Wir haben in den letzten Jahrzehnten die Reichhaltigkeit der deutschen Sprache durch Anglizismen und Türkendeutsch ersetzt - armes Sprache von Mudda, Alda, ey!

LG, eKy

[Daisy]

Danke, Erich, für deine Erläuterung, jetzt ist alles klar.
 
Hoffentlich geht das mit dem Ersetzen durch Anglizismen und Türkendeutsch in den nächsten Jahrzehnten nicht so weiter,
da muss ich sonst womöglich noch Türkisch lernen um alles zu verstehn. Ach, nein, das geht sich bei mir ja altersmäßig gar nicht mehr aus. Hab ich ein Glück! 

Schönen Abend noch und lieben Gruß
von Daisy

[cyparis]

Aber im Herzen tragen wir diese unzerstörte und unzerstörbare Kindheit mit uns!
Als dauernde Glücksquelle.

Herrlich wehmütig und - was sonst? - wohlstgestaltet.


Lieben Gruß, Erich,


von
Cyparis

[Erich Kykal]

Hi, Cypi!

Natürlich kannte mein Kindsein wunderbare Augenblicke, vor allem, wenn ich alleine war, und den einen oder anderen Freund und Spielkumpel hatte ich auch über die Jahre. Wenn ich aber so zurückdenke, fallen mir zuallererst solche Begriffe ein: Demütigung, Schmerz, Hass, Erniedrigung, Unverständnis, Grausamkeit, Hilflosigkeit, Trauer, Depression, Suizidgedanken,....
Vor allem Schulzeit und der Umgang mit Gleichaltrigen ist von solchen Erinnerungen durchdrungen und geprägt. Erst nach dem Abitur vermochte ich mich aus diesem Teufelskreis zu lösen und so etwas wie Selbstachtung aufzubauen. Menschen habe ich nie wieder so weit vertraut, als dass ich ihnen erneut Gelegenheit gegeben hätte, mich ernstlich zu verletzen.

LG, eKy