Autor Thema: Verpfändet  (Gelesen 806 mal)

cyparis

Verpfändet
« am: M?RZ 14, 2013, 15:18:16 »
In diese reiche Lebensfülle,
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, ferner Wille
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, sie nicht mehr lieben
darf, da diese Zeit nun endet.

Der fremde Wille schreckt als Drängen
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, andrer Gnade,
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
zu einem dunklen Nachtgestade
hin, von dem der Tag sich wendet.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus Augen hehr und tief und klar,
jeden Spottes, jeden Tadels bar,
bereit, Dämonen zu vertreiben,
Hohes auf das blasse Pergament zu schreiben,
das einstmals meine Seele war,
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag, Geist, geliebte Stille
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet.





1996
« Letzte Änderung: M?RZ 15, 2013, 17:34:18 von cyparis »
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Daisy

Re:Verpfändet
« Antwort #1 am: M?RZ 15, 2013, 16:28:50 »
Liebe cyparis,

wie wunderschön ist deine so unverkennbare Art zu schreiben
und wie weh wird mir bei diesen zu Herzen gehenden Versen!

Du hast wieder eine Serie herrlicher Gedichte eingestellt,
die bereits in meiner Favoritensammlung Platz gefunden haben.

Sehr tiefgehend und ergreifend!

Sei herzlich gegrüßt von
Daisy

cyparis

Re:Verpfändet
« Antwort #2 am: M?RZ 15, 2013, 17:38:17 »
Liebe Daisy -

ich habe das Gedicht geringfügig geändert, das heißt, die originale letzte 3-Vers-Strophe eingestellt.
Das Gedicht beruht im Kern auf einer wahren Geschichte:

Für eine besondere schulische Leistung wurde mir ein Versprechen gegeben.
Das Versprechen wurde nicht gehalten.
Das Pfand gehörte wieder mir.

Aber weh getan hat es.

Hab Dank für Dein hohes Lob!


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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