Autor Thema: Apportieren  (Gelesen 808 mal)

Ingo Baumgartner

Apportieren
« am: Oktober 07, 2012, 09:42:45 »


Es wirft ein Mann,
so weit er kann,
zum Stockapport
ein Ästchen fort.

Da leuchten die Augen des ehedem Müden,
es zittern die Lefzen, die Flanke erbebt.
Dem Flug gleicht die Hetze, verwandelt den Rüden
zum Urwolf, der hechelnd zum Beutestück strebt.

Das nimmt der Hund
in seinen Mund
und bringt’s zurück.
Na, so ein Glück!

Erich Kykal

Re:Apportieren
« Antwort #1 am: Oktober 07, 2012, 14:52:04 »
Hi, Ingo!

Was mir hier gefällt, ist der krasse Unterschied in der lyrischen Anmutung zwischen den Str. 1,3 und der mittleren! Bleiben Einleitung und Conclusio oberflächlich plappernd der Welt verhaftet, schaut die mittlere Str, tiefer, sprich lyrischer, in den Zusammenhang der Dinge, beschreibt das verlorengegangenes Atavistische in einer hypnotischen Dichte, die das Nichtssagende der umfassenden Kurzzeiler trefflich konterkariert.

Das Gedicht erinnert mich frappant an eins der besten Lieder von Ludwig Hirsch (österr. Liedermacher, leider zu früh verstorben - kannste auf YouTube finden): "Der alte Wolf"

Der wiederum hätte von Rilke's "Der Panther" inspiriert gewesen sein können... ;)

Gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Ingo Baumgartner

Re:Apportieren
« Antwort #2 am: Oktober 08, 2012, 07:38:54 »
Erich, herzlichen Dank für die ausführliche Besprechung. LG Ingo

cyparis

Re:Apportieren
« Antwort #3 am: Oktober 10, 2012, 16:05:51 »
Ich sehe keine Nähe zum "Panther".
Aber ich sehe den Hund vor mir, der nicht dem Jagdtrieb, sondern seinem angeborenen Apportiertrieb noch einmal nachgibt.
(Sie, die Approtierenden, wollen ja die Beute nicht essen, sondern vor die Füße legen. Meine Mutter hat einen Jack Russel, bei dem mir klar wurde, was "Vorsteh" heißt: Er hebt bei Witterung den Vorderlauf und bleibt so stehen, bis der Jagdtrieb einsetzt.  Unserer ist aber harmlos. Leidglich Katzen mag er nicht leiden)
Ein ebenso schönes wie bedrückendes Gedicht, weil es daran erinnert, daß auch ein Hundeleben endlich ist.


Lieben Gruß!

Dein
cyparis

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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