Autor Thema: Magister  (Gelesen 1784 mal)

cyparis

Magister
« am: April 18, 2010, 15:24:58 »
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Ich trug aus schwarzem Samt ein Band,
darüber Deine tiefen Blicke schweiften,
derweil mein Auge Dich nicht wirklich fand -
Jedoch die süßen Wünsche reiften.

Du scheutest, mir ganz offen zu begegnen:
Du wärst in meiner Glut verbrannt.
Dein Lächeln wollte mich nicht segnen
und unerreichbar blieb mir Deine Hand.

Nur Strenge ward von Dir mir dort zuteil,
ein Hieb, ein Stich, ein herber Spott,
als Gunstbeweis ein bittrer Pfeil.
Du wußtest, ich sah Dich als halben Gott

der Wörter, Worte und des Wahren,
des Schönen und des hohen Lichts.
Wie sonderlich warn Dein und mein Gebaren..
Du warst mir Alles, ich Dir beinah nichts.

Du schienst voll Ungeduld, war einmal ich nicht da,
denn daß Du Sonne warst und mir das Licht,
das sahst Du in dem Spiegel, der Dir nah.
Du fordertest, doch gabst Du nicht.

Es kam der letzte schwere Tag ins Land.
Um uns ringsher: Ah, wie sie keiften!
Ich trug aus schwarzem Samt das Band.
Doch blieben keine Wünsche mehr, die reiften.
Du gabst zum Abschied mir nicht Deine Hand.
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Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Mike S

Re:Magister
« Antwort #1 am: April 24, 2010, 10:43:17 »
Liebe Cyparis,

als ich gestern so durch Hameln ging und ich mir voller Sorgen um meine körperliche Gesundheit (der eingeklemmte Nerv fordert mir nach wie vor alles ab), Gedanken zu meinem Tagesablauf machte, führte mein Weg auch in eine Buchhandlung und in selbiger -wie kann es anders sein- zum Lyrikregal. Schnell griff ich nach Rilke, verlangte nach Hesse und landete schließlich bei den schönsten Liebesgedichten der Epochen, eine Sammlung eben solcher. Und ich muss Dir sagen, dass ich zum Teil sehr enttäuscht war, denn was ich unter Liebesgedichten lesen musste, berührte mich in keinster Weise. Nicht einmal Rilke konnte mich erreichen.

Dieses Gedicht aus Deiner Feder ist ein Liebesgedicht, wie man ein Liebesgedicht nicht gefühlvoller und intensiver schreiben könnte. Ich bin wirklich hingerissen, denn obschon es sehr persönlich ist, liest es sich romantisch, auch ohne den Hintergrund kennen zu müssen. Und ja, wie soll es anders sein, leider ebenso mit Schmerzen im Herzen.

Ich danke Dir für Deinen Gedichtbeitrag.

Besonders gefallen mir folgende Stellen:

Zitat
Du scheutest, mir ganz offen zu begegnen:
Du wärst in meiner Glut verbrannt.

Zitat
Nur Strenge ward von Dir mir dort zuteil,
ein Hieb, ein Stich, ein herber Spott,
als Gunstbeweis ein bittrer Pfeil.

Alles Liebe Dir
immer
Mike S
Every step I take I walk alone (Tarja Turunen)

cyparis

Re:Magister
« Antwort #2 am: April 26, 2010, 20:56:11 »
Lieber Mike!


Ein eingeklemmter Nerv? Welch böse und schmerzhafte Sache! (Ich spreche aus Erfahrung).
So etwas kann einem auch die Laune beim Stöbern in der Lyrikecke verderben - man wird so undduldsam, gelt?
Umso beglückender Dein Lob für mein Liebesgedicht.
Leider ist mir für das realistische "Keifen" kein entsprechend harmonisches Wort eingefallen.

Diesen letzten Tag (Schultag) werde ich mein Lebtag lang nicht vergessen.
Es sieht so aus, als sei meine Herzensverfassung in das Gedicht geflossen, weil Du sie erkannt hast.

Hab lieben Dank
von
cyparis
- immer Deine Seelenfreundin -
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Magister
« Antwort #3 am: April 28, 2010, 07:50:39 »
Hi, cypi!

Habe ich dieses Gedicht schon in einem "anderen" Forum besprochen? - Wie auch immer...es ist wunderbar! An manchen Stellen tu ich mir metrisch ein wenig schwer, aber wenn man es langsam, bzw. an den richtigen Stellen leicht beschleunigt liest, kann man das noch prima auffangen.
Was wirklich zählt, sind die schöne Sprache und der Inhalt, die Struktur. Traurig, aber von bittersüßer Gewalt. Wahre Hingabe ohne Einfordern von Gegenseitigkeit, ohne Verbitterung, ohne die "typischen" Szenen so vieler Beziehungen, wenn sie in die Brüche gehen, weil die Beteiligten aufwachen und die wirkliche Welt erkennen.
Nein, hier schwingt eine tiefe Demut und Weisheit mit, die nicht belehren will und nicht sich aufdrängen. Einfach nur...schön!

Allergernst gelesen!

PS an Mike: Eingeklemmter Nerv! O wie fühl ich's nach! Schmerzen machen uns demütig...Gute Besserung!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Mike S

Re:Magister
« Antwort #4 am: April 28, 2010, 10:19:34 »
Hallo Erich,

ich danke Dir für Deine Anteilnahme. Ich merke, wie auch der Zahn der Zeit an meinen Knochen nagt. Allerdings hatte ich gehofft, dass er sich ein wenig mehr Zeit lässt.

Beste Grüße
Mike S

P.S.: Ich gestehe, an Dich gedacht zu haben, als ich vor dem Lyrikregal der Buchhandlung meines Vertrauens stand.

Every step I take I walk alone (Tarja Turunen)