Autor Thema: Amen  (Gelesen 335 mal)

Erich Kykal

Amen
« am: September 21, 2024, 00:46:42 »
Die Reise war so lang, so lang,
von Unschuld hin zu dunklem Drang,
dass selten nur ein Lied gelang,
das mich berührte wie Gesang,
der aus dem tiefsten Innern klang,
aus dem die Lieder kamen:
Des Lebens sanfter Überschwang,
des Todes leiser Samen.
So lebte ich, was aus mir kroch,
ließ mich Vergebung noch und noch
aus dem Erinnern kramen.

Der Weg war wund, die Kehren steil,
ein Henker schwang sein stumpfes Beil
am Gipfel jedes Traumes, weil
ich nie begriff: Ich war ein Teil
des Ganzen nur, nicht mir zum Heil,
aus dem wir Leben schreiben:
Ich bot mich jedem Kitzel feil
und ließ mich weitertreiben.
So lebte ich, gefallen tief
im Sehnen, das noch in mir schlief,
und konnte nirgends bleiben.

Der Wille wankt, das Ziel ist nah,
und alles, was davor geschah,
die Wunder, die ich blühen sah,
das volle Segel an der Rah,
verblassen nun, sind kaum noch da -
nur abgesagte Dramen:
So viel Vertanes und Blabla
in bilderlosen Rahmen!
Wer führt mich bald den letzten Schritt
und trägt mir all die Träume mit?
Wer nimmt mich für ein Amen?
« Letzte Änderung: September 21, 2024, 00:50:29 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Amen
« Antwort #1 am: September 23, 2024, 20:57:28 »
Sehr schön gemacht, lieber Erich.

Das Thema Leben ist gut in Bilder eines mühevollen und wegen Überschätzung des eigenen Werts verfehlten Aufstiegs zum Gipfel gesetzt. Das Reimschema macht u.a. die vielen Kehren des Bergpfads fühlbar. Am Ende fast ein Verweis auf Transzendenz, die das unerfüllte Sehnen des Sterbenden als Amen ans Ende ihres Werkes setzt.

Sehr gern gelesen.
Gruß von gummibaum

Erich Kykal

Re: Amen
« Antwort #2 am: September 23, 2024, 22:31:02 »
Hi Gum!

Vielen Dank für dein positives Urteil. Mit diesem Werk habe ich mich wieder mal ein wenig meines Lebensfrustes entschlagen. Es entstand als Echo auf den Leonard Cohen-Song 'Haleluja'.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.