Hi Hans!
Ich bin als Person ein SEHR satirischer Mensch, meist sogar längst bissig-zynisch. Zuweilen findet das sogar Eingang in meine Lyrik, vor allem bei sozial- oder politikkritischen Themen. Keine Ahnung, warum du mich als humorbefreiten Weltfremden wahrnimmst.
Der Unterschied zu dir ist, dass ich meinen Zynismus nur ab und zu von der Leine lasse. Bei deinen Werken ist es bedauerlicherweise mittlerweile praktisch ein Dauerzustand, dass irgendjemand wieder mal "unverzeihlich" war ...
Aber bitte argumentiere jetzt nicht, dass es eben auch so viel Arges gäbe, das deinen Zorn redlich verdiente. Es wird immer und für jeden genug geben, worüber ersich echauffieren kann, wenn er darin eine Lebensaufgabe sehen will.
Wesentlich aber ist die Stimmung, die man mit seinem öffentlichen Wort vermittelt. Will man gemeinschaftlich sein, etwas erhalten oder aufbauen, oder redet man in einem fort den destruktiven Kräften das Wort, die das Kind immer gleich mit dem Bade ausschütten?
Wer immer NUR sudert und wettert, praktisch alles runterzieht und madig macht, von allem und allen immer nur die (mögliche, aber letztlich unbewiesen unterstellte) Kehrseite wahrnimmt, vermittelt unterbewusst der Leserschaft den Eindruck, ALLES wäre ausschließlich mies und hinterfotzig, alles Korruption, Manipulation, Meinungsmache, Betrug und Gewinnsucht - und NICHTS anderes mehr. Auf solche Ansichten, so sie audreichend Verbreitung finden, kann man kein Staatswesen aufbauen und erhalten, das ist fruchtbarer Nährboden für Extremisten.
Bist du Demokrat, überzeugt davon, dass das Volk Freiheit verdient und wertschätzt? Dann hör auf, alles mit einer Ausschließlichkeit runterzumachen, so als gäbe es GAR nichts Positives mehr in der Welt! Vermittle den richtigen Eindruck. Veränderung ja, aber auch Wertschätzung des Erreichten, Erwähnung all dessen, was gut und erhaltenswert ist. Positive Menschlichkeit neben nötiger Kritik, die aber immer menschenwürdig bleiben sollte, ohne nützliche Unterstellungen und Verallgemeinerungen.
Schau dir mal deine Werke der letzten Jahre an: Wieviel davon ist nicht voller Zorn, Gift und Angstmache? Wieviel davon macht Mut, lädt zu Konsens oder Toleranz, zu Verständnis und Mitmenschlichkeit ein? Wieviel ist NICHT politisch orientiert, sondern behandelt andere Bereiche? Du wirst feststellen, wie einseitig dein Schaffen geworden ist, wie in alles verkrampft, was dir die Adern am Hals auftreibt, und wieviel Wut und Aggression du damit in die Welt brüllst.
Die Geschichte lehrt, dass Menschen NIE auf die Wahrheit gehört haben, die man ihnen wie einen nassen Fetzen um die Ohren haut! Nur wer sie menschlich mitnimmt, ohne zu schulmeistern, kann sie erreichen und zum Nachdenken anregen. Dem zornigen Zeterer folgen manche nur aus Berechnung zum eigenen Nutzen oder aus Angst vor noch mehr Beängstigendem, und wann in der Welthistorie hat je ein zorniger Zeterer mit seine "Jüngern" etwas Positives bewirkt?
Die zornigen Revolutionen bewirkten stets nur Leid oder Diktatur. Die positiven, dauerhaften Veränderungen wurden praktisch alle friedfertig erkämpft, durch geduldige, respektvolle Überzeugungsarbeit durch lebendes Beispiel, Opfer und Respekt und Vergebung gegenüber Uneinsichtigen. Nimm dem, der nur Feinde sieht, den Feind - und er wird erkennen müssen, wieviel er darob nie erkannt, nie wahrgenommen hat.
Für mich jedenfalls ist es mittlerweile ermüdend geworden, immer wieder NUR Aggressives, Schuldzuweisendes und Giftsprühendes von dir zu lesen. Als ich die Sache mit der "Künstlersatire" "Alles dicht machen" erstmals wahrnahm (gut eine Woche vor deinem Beitrag hier), und als viele, durch den Shitstorm ernüchtert, ihre Beiträge (von denen manche wirklich geschmacklos oder unsinnig waren) löschten, ahnte ich schon, wie deine Ansicht dazu lauten würde, und was die Rückzieher für dich sein würden. Und alles hat sich genau so bestätigt: Du konntest ihre Entscheidung einfach nicht als Privatsache hinnehmen - nein, du musstest einen willentlichen "Verrat an der Sache" daraus konstruieren und sie runtermachen! Sie als Drückeberger und Feiglinge darstellen, obwohl du die Gründe des einzelnen gar nicht kennen konntest - und sie dich eigentlich, seien wir ehrlich, gar nicht interessiert haben. Für dich war ihr Ausstieg aus der dir gefälligen Aktion "unverzeihlich", und mehr brauchtest du nicht, um sie zu diskreditieren.
Das ist weder würdig noch objektiv. Es ist unterstellend, wertend und oberflächlich. Und es ist so demokratieschädigend wie fast alles, was du von dir gibst. Aber das bemerkst du in deinem "Zorn des Gerechten" gar nicht ...
Kritik ja, wo sie nötig ist. Aber nur fundiert auf klaren Beweisen, ohne Wut und Gift, ohne Mutmaßung und Urteil auf Verdacht. Früher nannte man das "guten Journalismus". Heute ist alles "Lügenpresse". Unzeichen der Zeit ...
Lass dir das mal durch den Kopf gehen ...
LG, eKy