Der ewigen Stadt ewige Tücke 3

[gummibaum]

Aller guten Dinge sind drei. Das soll auch für die schlechten gelten, weshalb ich mit dem dritten Gedicht das Thema nun beende.

Der Tourist in Rom fühlt Enge,
wenn er hoch zur Decke schielt,
wo ein ähnliches Gedränge,
wie um ihn, die Schöpfung spielt.   

Reckt den Hals, um auch zu schweben,
wie es Gott und Adam tun,
wohl, um sich die Hand zu geben,
und sein Finger kitzelt nun. 

Schwindeln fasst ihn, doch er schmachtet
in der Schwerkraft dumpfem Trieb,
wird von niemandem beachtet
außer einem Taschendieb …



 

[Erich Kykal]

Hi Gum!

Ob es Taschendiebe in der Sixtinischen Kapelle so leicht haben? Auf jeden Fall gut gegeben, wie die Touris sich zum (viel zu weit entfernten und daher viel zu kleinen) Klassiker von Michelangelo hochrecken. Ich war einmal dort und war erstaunt, wie kleinteilig die einzelnen Szenen, die eigentlich jeder von ganzseitigen Abbildungen auf Hochglanzseiten kennt, vom Boden aus betrachtet gemalt sind. Wie eine Comicbuchseite aus drei Metern Entfernung! Nicht wirklich viel zu erkennen, außer man blinzelt sich zu Tode! Hatten die Kardinäle und Konsorten früher alle einen Feldstecher dabei, wenn sie die Sixtina betraten? Hat Michelangelo nie gecheckt, wie seine sich im Gesamtmischmasch verlierenden Bildchen vom Boden aus wirkten? Wirklich genießen kann man diese Klassiker der Kunstgeschichte wirklich nur als Abbildungen aus der Nähe!

Die Restauration hat mich schockiert. Das 'historisch Gedeckte' wurde plötzlich knallig wie Popart! Sie sagen, so hätte Michi es ursprünglich gemalt gehabt. Hat jetzt eher was von quietschpinken Kaugummiabziehbildchen denn von kontemplativer Versenkung ins Göttliche ...

LG, eKy

[gummibaum]

Sehr schöner Kommentar, lieber Erich. Vielen Dank.

Genau das waren auch meine Eindrücke und Gedanken. Die Betrachtung vor Ort ist anstrengend.
Der Taschendieb könnte ja die Situation, dass alle nach oben starren und nicht auf ihre Taschen, gut nutzen, dachte ich.

LG g