Autor Thema: Lyrikwiese  (Gelesen 668 mal)

gummibaum

Lyrikwiese
« am: M?RZ 27, 2023, 22:51:20 »
Dem Himmel nah die Lyrikwiese.
Einst grasten Blümchendichter dort
und düngten sie. Doch nun ist diese
ein nahezu verwaister Ort.

Nur selten noch verirrt sich einer
in diese Bergwelt und bereut,
dass neben ihm im Gras schon keiner
mehr äpfelt oder widerkäut.

Er wird sich einsam wiehern, muhen,
vom Echo nur gehöhnt, verlacht,   
und erst beim Riss des Stimmbands ruhen,
weil ihn die Kunst zum Irren macht…   


alternativ:

Dem Himmel nah liegt eine bunte Wiese
mit Gräsern und mit Blumen reich bedeckt,
so duftend, dass sie alle Sinne weckt
und in den Dichtern Wörterparadiese.

Man wandelt froh durch Rispen, Ähren, Garben
und beugt sich über Kugel, Körbchen, Kelch,
die Seele schwillt und ach, sie fühlt gleich, welch
ein Balsam Düfte sind für ihre Narben.

Der Löwenzahn, die Distel und das Veilchen
erquickt voll Rührung diese Reaktion,
wie Musen nähren sie das Herz ein Weilchen,

dann quillt aus Dichtern Liebeslyrik schon,
und nennt die Sammlung schlichter Pflanzenteilchen
die Königin der Nacht mit süßem Ton …


(Es handelt sich nicht um dieses Forum "Lyrik-Wiese", sondern um ein Spiel mit dem Begriff)
« Letzte Änderung: April 10, 2023, 22:56:58 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Lyrikwiese
« Antwort #1 am: Mai 14, 2023, 17:09:22 »
Hi Gum!

Das von dir erwähnte Spiel kenne ich nicht, aber das macht mir nichts, denn auf unser Forum hier passen die Gedichte doch auch perfekt!  ;)

Gedicht 1, S3, Z1 - 'Er wird SICH einsam wiehern, muhen'? Meintest du vielleicht eher 'sehr' oder 'so'?


Die Lyrik-Wiese


Geschaffen einst als Hort der wahren Dichter,
sich umzutun und Gaben auszutauschen,
gefiel es manchen, sich hier aufzubauschen,
und manchmal störte niederes Gelichter.

Zuletzt ergaben sich die holden Geister
dem Untalent der Affen, welche brüllten,
die Zeilen hier mit Ungeschlachtem füllten
und zarte Sinne mit verbalem Kleister.

Bedauerlich, dass diese Frucht nie reifte
zum hehren Anspruch, den der Gründer pries.
Die Schlange kriecht in jedes Paradies
und bricht die Stängel, die ihr Gift versteifte.

So legen wir die frommen Wünsche schlafen
und tragen unser Wollen ins Vergessen,
noch hoffend, dass ein gütiges Ermessen
die Wunden reinigt, wo die Pfeile trafen.

Gescheitert wohl am Hort der hohen Dichter,
dem Turm der Weisheit und des schönen Wortes,
verbleiben wir als Erben dieses Ortes
nur was wir waren: Sterbliche Gesichter.



LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 14, 2023, 17:14:58 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Lyrikwiese
« Antwort #2 am: Mai 17, 2023, 01:32:14 »
Ein wunderschönes Gedicht, lieber Erich. Besonders die vierte Strophe hat es mir angetan. Stell es doch separat ein.

"Sich einsam wiehern" ist beabsichtigt und ähnlich wie "sich den Arm ausrenken" als Selbtschädigung zu verstehen.

Alles Liebe
g