Autor Thema: Lichtschalter?  (Gelesen 2221 mal)

Sufnus

Lichtschalter?
« am: November 21, 2022, 14:25:12 »
Liebe alle (bzw. lieber eKy, lieber Hans)!
Da wir hier so schön unter uns weilen, stellt sich natürlich schon die ganze Zeit die Frage, inwieweit das Einstellen von Texten in so exklusiv kleinem Kreis sinnvoll ist. Was meint Ihr denn dazu?
Nicht, dass ich Eure Texte nicht gerne lese und kommentiere, keineswegs... aber das ginge natürlich auch in einem etwas größeren Forum... hier auf der einigermaßen vereinsamten Wiese komme ich mir schon dann und wann etwas deppert vor. ;)
Hans schreibt ja auch bei KV und den Poeten und es gibt ja auch noch einige andere Anlaufstellen. Dass Gummibaum, alte Lyrikerin, ACL, Curd und Rocco hier völlig verstummt sind und Jenny und WM nur noch äußerst selten vorbeischauen, wirft schon ein bisschen die Sinnfrage auf.
Zwei Kommentare zu eKys versauten Gedichten bin ich auf alle Fälle noch schuldig, die kommen also noch! Versprochen ist Versprochen. Aber dann... (?)
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Lichtschalter?
« Antwort #1 am: November 21, 2022, 19:59:04 »
Hi Suf!

Ich bin ein Gewohnheitstier und tu mich schwer mit Neuem, Unbekanntem (zB: Was ist 'KV'?). Zudem treiben sich anderswo meist ''Dichter' herum, die mir mir nicht wohlgesonnen sind, und vice versa.

Die 'Poeten', so du 'poetry.de' meinst, habe ich schon gar zweimal verlassen - zum einen, weil man dort Werke nach dem ersten Kommi nicht mehr ändern kann, zum anderen, weil ich ebendort mit ein paar Poetenproleten zusammengekracht bin, die untergriffig alles getan haben, um mir mein Bleiben madig zu machen. Ich dränge mich nicht auf ...

Warum Gum und Konsorten hier nicht mehr publizieren, weiß ich nicht, und sollte ich irgendwie daran mitschuld sein, tut mir das sehr leid, ich wüsste allerdigs nicht, wie ...

Die Sinnfrage stellt sich mir nicht. Auch wenn nur einer mich kommentiert, bin ich schon glücklich, und viele Gäste lesen ja hier auch noch. Mir genügt das, denn ich habe nie gedichtet, um Ruhm zu ernten oder mich selbst zu bestätigen (auch wenn es ein ab und zu gern angenommener Nebeneffekt sein mag ...  ;)), sondern um des schönen Wortes willen. Dass Lyrik heutzutage kaum noch irgendeine Breitenwirkung hat, war mir vor 20 Jahren schon klar.  ::)

Wenn du gehst, würde ich das sehr bedauern, aber ich würde eher nicht folgen, es sei denn, du könntest garantieren, dass es dort ebenso zivilisiert und trollfrei zugeht wie hier.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Lichtschalter?
« Antwort #2 am: November 22, 2022, 16:51:49 »
Hi eKy!

Danke, dass Du Dich bei meinen Überlegungen reflektierend zuschaltest! :)
Zunächst zur Erklärung bei den anderen Foren: KV ist keinverlag.de ein wahnsinnig unübersichtliches Panoptikum, welches visuell... hm... eher frugal gestaltet ist. An Bord sind reichlich Texte und Metatexte (wenn man sie denn findet). Hans und - soweit ich das richtig deute - auch Agneta habe ich dort erspäht... aufgrund der Optik der Seite, die gleichzeitig überkomplex und unstrukturiert wirkt, fühle ich mich da aktuell nicht so recht hingezogen... ;)

Und mit "Poeten" meinte ich nicht poetry, das mir wirklich zu lärmig ist, sondern poeten.de, welches ebenfalls nicht gerade übersichtlich rüberkommt (und wo ich Hans wohl fälschlicherweise verortet habe... gummibaum war da bis Mitte Mai dieses Jahres tätig). Hans ist wiederum noch in der Leselupe zugange.

Wie dem auch sei: Du hast sehr recht, eKy, wenn Du darauf hinweist, dass in größeren Foren häufig ein krawalliger Ton herrscht, das hatten wir hier zu noch nicht so lange zurückliegenden Zeiten durchaus auch schon, als es mehr aktive Schreiber gab. Und dann gibt es eben noch das Problem von Personen, die durch die Art ihrer Beiträge andere Leser zuverlässig auf die Palme bringen, indem sie haarsträubende Ansichten äußern oder die Minimalanforderungen an einen Textbeitrag in puncto sprachlicher Ansprüche gekonnt unterbieten*. Letztlich braucht es bei stärker besuchten Foren einfach doch eine sehr präsente Moderation, die sich bei Problembären einschaltet und ggf. Verwarnungen oder gar Platzverweise ausspricht... das Problem haben wir hier aktuell mangels Masse nicht wirklich.... trotzdem ein etwas unbefriedigender Zustand, so weit als ich bin betroffen. ;)
Nunja... ich harre mal der weiteren Dinge... :)
LG!

S.

*Nur sicherheitshalber, damit man hier nun keinen krawalligen Tonfall meinerseits vermutet: Ich denke bei den beiden von mir benannten Problemfeldern an die Kneipenschlägereien, die bei poetry häufig zu studieren sind... unsere hiesigen Wortgefechte mögen in der Vergangenheit auch schon mal (etwas zu) hitzig gewesen sein, spielen nach meinem Dafürhalten aber doch in einer harmloseren Liga. ;)

« Letzte Änderung: November 22, 2022, 17:00:34 von Sufnus »

Rocco

Re: Lichtschalter?
« Antwort #3 am: November 23, 2022, 03:13:48 »
Hallo Sufnus und Erich!

Ich lese eure Gedichte und Kommentare interessiert mit. Ihr drischt keine Phrasen, ihr schreibt Worte, die etwas bedeuten.

So lebendig ihr schreibt, so einsam ist die Wiese. Ein Autor kann in einem Forum Werke posten, aber nicht nur.

Das Internet hält viele Möglichkeiten offen, die genutzt werden, etwa soziale Plattformen, wie Twitter. Vielleicht kommt einmal wieder die Zeit der Literaturforen, aber im Moment...

Ich selbst bin nicht wirklich verstummt. Ich lese hier still mit, schreibe meine Tagebücher, denke nach und füttere die Katzen meines Hinterhofs.

Was ich aber bedaure, das ist der Austausch mit euch. Früher haben wir mehr miteinander geredet. Auch das belebte die Wiese.

Auf anderen Literaturforen bin ich nicht. Erich hat nicht Unrecht, es gibt Autoren, die meidet man lieber, weil sie unangenehm sind. Und das aus den verschiedensten Gründen.

Muss man ein angenehmer Zeitgenossen sein? Ich glaube: nein. Es kann nicht schaden, aber: nein.

Auch frage ich mich nach Sinn und Zweck von Literatur. Eine Bekannte hatte neulich gemeint, Literatur würde an der Klimaerwärmung nichts ändern. Und es sei Unfug, über Romane oder Gedichte diskutieren zu wollen, während den Eisbären das Eis unter dem Hintern schmilzt.

Ein Gegenargument habe ich nicht gefunden. Wir kamen nur darin überein, dass Brei auf Kunstwerke zu werfen auch nicht sinnvoller sei. So steht also Literatur auf einer Stufe mit Brei, der auf Kunstwerke geworfen wird.

Es soll Zeitgenossen geben, die Klassiker verwenden, um Tische zu stützen, damit sie nicht wackeln.

Man kann vielleicht bessere Argumente finden, als ich es vermocht habe, aber ich gebe zu: Einem Eisbären nutzt kein Roman, wenn sein Zuhause durch Klimaerwärmung kaputt geht.

Vielleicht erleben wir den Anfang vom Ende des Abendlandes, zumindest jenes Abendlandes, das wir kennen.

Eisbären sind das neue Totschlagargument gegen Kunst.

Auch nicht schlecht!

Ihr seht, ich denke noch immer gerne nach, auch wenn ich mich im Kreise drehe.

Schreibt weiter. Ich mach das auch!

Rocco
« Letzte Änderung: November 23, 2022, 03:15:55 von Rocco »
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Sufnus

Re: Lichtschalter?
« Antwort #4 am: November 23, 2022, 10:21:22 »
Hallo Rocco!

Das freut mich aber, von Dir zu lesen! Ich mag Deine Aphos sehr, kommentiere sie aber unregelmäßig, weil ich Kommentar-technisch sehr auf deutschsprachige Lyrik "spezialisiert" bin (daher kommentiere ich auch nicht-deutschsprachige Gedichte eher selten, obwohl ich sie durchaus aufmerksam lese). Ich muss nun sagen, dass ich Deine essayistisch hingetupfte Reflexion zum "Nutzwert" von Literatur ausgesprochen genussvoll gelesen habe. Der Stil, den Du hier andeutest, nämlich eine sozusagen pointilistische Beleuchtung einzelner Aspekte, die dann in einer assoziativen Montage-Technik gereiht werden, ist hervorragend geeignet für diese Art von Betrachtungen! Mes compliments!

Nun zu den von Deiner Freundin aufgeworfenen Fragen, d. h. (a) was nutzt die Literatur dem Eisbär? und (b) was nutzt die Literatur überhaupt, wenn sie die Probleme der Welt (Kimawandel, Krieg etc.) nicht lösen kann?

Die Literatur ist, wie jede Kunst, für den Menschen gemacht (nicht notwendigerweise vom Menschen gemacht!). Daher nutzt sie dem Eisbär, dem Blauwal und der Küchenschabe gar nichts.

Aber nutzt sie dem Menschen?
Ja. Die Frage ist abschließend geklärt.
Da war im zweiten Weltkrieg mal ein junges Paar, das lebte an einem schlimmen Ort. Die beiden waren Juden und es hatte sie in das jüdische Ghetto von Warschau verschlagen. Sie lebten unter elenden Bedingungen und waren, ohne das dies ihnen gegenüber direkt ausgesprochen wurde, von den Nazis bereits zum Tode verurteilt. Die beiden lasen einander Gedichte vor. Auf Rilke hatten sie keine Lust und Hölderlin kam ihnen geradezu unerträglich vor. Die beiden lasen sich die Gedichte von Kästner vor und sie schöpften daraus Kraft und den Mut zum Weiterleben. Beide haben den Krieg überlebt. Der junge Mann wurde zum mächtigsten Literaturkritiker seiner Zeit und er und seine Frau konnten Erich Kästner noch persönlich für seine Gedichte danken. Ich rede hier natürlich von Marcel und Teofila Reich-Ranicki.

Wozu ist also Literatur gut? Haben Kästners Gedichte auch nur einen einzigen Nazi zu einem besseren Menschen gemacht? Wahrscheinlich nicht (eine Resthoffnung bleibt). Zumindest aber haben sie auf den "großen" Lauf der Geschichte nicht den geringsten Einfluss genommen.
Aber Literatur kann Trost spenden. Es geht also um Kraftzuwachs. Einzelne Menschen haben dank der Literatur selbst in dunkelsten Zeiten durchgehalten. Es geht um Trost.
Menschen, die im Grunde genommen Misanthropen sind und als "last generation" das Aussterben der Menschheit als Chance für den Planeten begreifen, können dieses Argument allerdings nicht verstehen.

LG!
S.

Erich Kykal

Re: Lichtschalter?
« Antwort #5 am: November 23, 2022, 18:23:13 »
Hi!

'Last generation' hat wie alle fanatisch-einseitigen Hauruck-Ideen das Problem der absoluten Kopflastigkeit. Die Empathielosigkeit solcher Verallgemeinerungen (zB.:"Die GANZE Menschheit ist schlecht und muss weg!") disqualifiziert sie für jede Möglichkeit des aufrichtigen Austausches von Alternativen. Es ist dieser immantente egomanische Wesenszug des Fanatismus an sich, der die Menschheit immer wieder in den Abgrund führt, egal ob politisch, religiös oder weltphilosophisch generiert und angetrieben. Es ist die Hybris des 'in der Gnade der absoluten Wahrheit Stehenden', der ihn und damit uns alle nachhaltig disqualifiziert.

LG, eKy
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Sufnus

Re: Lichtschalter?
« Antwort #6 am: Dezember 19, 2022, 21:46:12 »
Moin!
Also angesichts der aktuell nicht mehr wirklich existierenden Forenfrequentierung werde ich demnächst parallel auch noch anderswo ein bisschen mein Unwesen treiben, was aber nicht heißt, dass ich hiermit der Wiese bereits final Adieu sage. :)
An sich wäre diese Plattform hier ja eigentlich gut für ein kleines Grüppchen von Qualitätsschreibern geeignet. Es ist für mich immer wieder etwas deprimierend, wenn ich lese, wie in großen, wohlfrequentierten Foren qualtitativ herausragende Schreiber ziemlich wenig Feedback erhalten oder teilweise sogar von totalen Nichtskönnern ganz schön von oben herab Begönnert werden. ftatateeta, lyrikPower, ginton, Epilog oder Walther wären so Beispiele, die mir grad ad hoc in div. Foren einfallen. Letztgenannter ist natürlich so umtriebig (und dazu mit eigener Plattform ausgestattet), dass ihn das (häufig) etwas spärliche Echo nicht wirklich jucken dürfte und ginton zieht einfach mit krasser Unbeirrtheit seine Bahnen ohne auch nur einen Blick nach rechts oder links zu werfen, als ob er Feedback (bzw. Non-Feedback) gar nicht registrierte, aber manch anderer Schreiber wird da sicher unter die Räder kommen. Das ist sehr schade. Nunja... anderes Thema...
LG!
S.

Sufnus

Re: Lichtschalter?
« Antwort #7 am: Dezember 26, 2022, 13:47:11 »
Happy X-Tage noch allerseits! Hoffe, alle ggf. Mitlesenden sind froh und munter!
Wie angekündigt bin ich jetzt mal auch noch andernorts am Inspirationensammeln, genauer gesagt bei der Leselupe. Aber damit soll, wie ebenfalls bereits geschrieben, meine Wiesenpräsenz nicht ad acta gelegt sein. :)
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Lichtschalter?
« Antwort #8 am: Dezember 27, 2022, 00:29:21 »
Hi Suf!

Auch dir schöne Feiertage! Schön zu hören, dass du der Wiese treu bleibst.

LG, Erich
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Sufnus

Re: Lichtschalter?
« Antwort #9 am: Januar 02, 2023, 13:33:32 »
Voilà! Hier bin ich. Frisch ins neue Jahr geschlüpft und lyrisch durchaus weiterhin schreib- und lesedurstig. :)
Werd die nächsten Tage mal noch den ein oder anderen Kommentar hinterlassen und ggf., falls mich die Muse schon zum Schreiben prügelt, vielleicht auch mal wieder was Neues aus dem Lyrikkochtopf. :)
Hoffe, Ihr (bzw. Du, lieber eKy) seid gut rübergekommen!!!
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Lichtschalter?
« Antwort #10 am: Januar 02, 2023, 23:14:31 »
Hi Suf!

Ich feiere als oller Eremit schon lang weder Weihnachten, noch Silvester, noch Ostern, noch meinen Geburtstag. Der Rummel und der sinnlose Tingeltangel nerven mich, oder die Verlogenheit der Konsumwelt. Und ein Jahr näher an der Grube zu sein, ist für mich schon lang kein Grund zum Feiern mehr ...

Zur Zeit bin ich lyrisch schlecht bestrahlt, und das wird wohl noch eine Weile anhalten, da ich meine schwindenden kreativen Ressourcen zur Zeit auf andere Projekte lenke. Aber es gibt ja genug noch unkommentierte Werke von mir hier im Orkus des Forenarchivs ...  ;)

Gern werde ich weitere Werke aus deiner talentierten Feder kommentieren und würdigen.

Herzliche Grüße, eKy
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