Autor Thema: Trotzdem  (Gelesen 681 mal)

Erich Kykal

Trotzdem
« am: Juli 21, 2022, 09:42:23 »
Humor ist, wenn man trotzdem lacht!
Wer hat den Satz wohl aufgebracht?
Geht jemals er mit heitren Mienen
durch ausgebrannte Kriegsruinen?

Sieht er gebrochnen Kinderseelen
gern grinsend zu, wenn sie sich quälen?
Besucht er mit den Lachkomplizen
die stillen Räume von Hospizen?

Erheitert ihn der stete Wandel
von Drogen- oder Menschenhandel?
Erzählt er Witze im Akkord
zu Rassenhass und Völkermord?

Ist er der eine, welcher lächelt,
wenn ein Diktator, wahnumfächelt,
die halbe Welt verwüsten will,
und hält ansonsten lieber still?

Hat er die Bücher mit verboten
von abertausend tapfren Toten,
in Folterkellern umgebracht?
Humor ist, wenn man trotzdem lacht!
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Trotzdem
« Antwort #1 am: Oktober 05, 2022, 18:14:38 »
Hi eKy!
Gut nachphilosophiert über die zwei Gesichter des Humors: Ist es ein Nicht-Ernst-Nehmen der Grausamkeiten in dieser Welt, das sich dadurch mitschuldig macht oder ist es eine Kraftquelle, die uns durchhalten lässt und manchmal auch die Hohlheit, Bigotterie und Feigheit vieler Tyrannen entlarvt. Manche Despoten haben dem unterjochten Volk ein paar Tage "Narrenfreiheit" gegönnt (z. B. in Form des Karnevals) und dies eher als stabilisierendes Element ihrer Unrechtsherrschaft betrachtet, andere Gewaltherrscher haben nichts mehr gefürchtet als den zielsicheren politischen Witz, der sie bloßgestellt hat.
Neben diesen Gedanken muss ich außerdem an die Bilder von Kindern denken, die in Waffenruhen oder am Ende eines Krieges auf zerschossenen Panzern in Ruinenstätten Krieg spielen. Auch so ein mehrdeutiges Phänomen, das aber weltweit zu studieren ist, seit es Panzer gibt (und vorher waren es dann wohl andere Kriegsüberreste, die als improvisierter Spielplatz herhalten durften).
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Trotzdem
« Antwort #2 am: Oktober 05, 2022, 20:00:20 »
Hi Suf!

Der Einsatz von Humor als Mittel der Kritik oder letzte Zuflucht der Hilflosen ist mir bewusst. Ich denke, es hängt davn ab, von wo aus man sich dessen befleißigt. Dem Unterdrückten, dem kein anderes Mittel bleibt, sei Galgenhumor und politischer Witz jederzeit zugestanden. Dem Außenstehenden aber, der aus dem bequemen Fernsehstuhl heraus über die Welt lacht, erkenne ich jegliches Feingefühl, Empathie und jeglichen Tiefgang ab. Auch gewisse TV-Formate, die mit zynischem, meist platitüdenhaft verallgemeinerndem Witz zur Weltlage Quote machen, kann ich nicht verknusen. Ich meine damit nicht Kabarett, sondern die wesentlich platteren Late-Night-Shows von Selbstdarstellern Marke Böhmermann und Konsorten.

zB.: Chaplin's Film 'Der große Diktator' ist für mich nur deshalb erträglich, weil ich weiß, dass niemand, als er gedreht wurde, wirklich wusste, in welche entsetzlichen Abgründe die Jünger der Politik der Herzlosigkeit noch sinken würden, um ihr verdrehtes Weltbild zu verwirklichen.

LG, eKy
« Letzte Änderung: November 12, 2024, 23:43:54 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.