Hi eKy!
Bei Deinen Gedichten gibt es ja in Bezug auf die überaus gediegene Sprache (eine Untetreibung!) eigentlich im "objektiven Sinn" nie etwas wirklich zu beanstanden. Wenn ich mal herummäkele, dann entweder, weil ich etwas inhaltlich anders sehe oder weil ich Petitessen "verbessere", die mir bei unbegabten Dichtern keiner Erwähnung Wert wären, da bei denen ganz andere Klöpse den Lesegenuss trüben...
Nunja... eine etwas bedenkliche Vorrede, weil sie zwar verdientes und hohes Lob beinhaltet, aber man wartet schon auf das große: ABER DIESMAL...
Das kommt aber auf der objektiven Seite auch im vorliegenden Fall durchaus nicht...
Ich habe nämlich wieder einmal nichts wirklich "objektiv" zu kritisieren...
Und jetzt kommt doch noch eine Art Einschränkung - aber eben eine der äußerst subjektiven Art: Es wollte sich in diesem Fall trotz aller objektiver, erstklassiger Wertigkeitstatbestände kein rechtes hedonistisches Momentum bei mir einstellen, was wohl mehr über mich (genauer: mein aktuelles Ich) als über Deine Verse aussagt.
Es sind hierfür wohl bestimmte Idiosynkrasien am Werk, die ich am ehesten in einer Art kulinarischen Ebene (metaphorisch gesprochen) suchen würde. Der kluge Tucholsky hat einmal über den Ulysses von Joyce gesagt, dieser Roman sei so etwas wie literarisches Fleischextrakt.... man könne damit in kluger Verdünnung eine Suppe würzen, aber man könne es nicht pur genießen.
Nun... mit Joyce hat Deine Dichtung in ihrer Poetologie natürlich nichts und gar nichts zu tun... aber beim Lesen der sprachlich sehr komplexen (überkomplexen?) Zeilen, stellte sich bei mir auch ein gewisses Fleischextrakterlebnis ein. Teilweise davon ausnehmen würde ich für mich die Mittelstrophe, deren Klang- und Reimflow mich durchaus zu beglücken wusste. Vielleicht ist es ja auch nur die etwas sperrige erste Strophe, mit den durchgängig weiblichen Kadenzen, die mich nicht "in the zone" kommen lässt (?) - ich bin unsicher. Vielleicht sind auch die "Halbreime" von Verachtung/Betrachtung mit Entrüstung/Rüstung (also die -ung-Häufung) etwas akzeleriert (es sind natürlich keine echten Reime). Hm... ein wenig hilflose Erklärungsversuche im Oberflächlich-Formalen... wahrscheinlich lässt es sich so einfach halt nicht fassen.
Und jetzt dann doch das Wichtigste zum Schluss: Außer der sehr vagen Frage mit den Kadenzen der 1. Strophe und der -ung-Häufung in der letzten gibt es m. E. hier wirklich objektiv überhaupt nix zu mäkeln. Sehr, sehr schöne Sprache und äußerst nachhaltige Gedankentiefe. Also wahrscheinlich liegt das Problem (s. o.) irgendwie heute mehr bei mir... vielleicht sollte ich das Werk einfach in ein paar Tagen nochmal lesen.
LG!
S.