Autor Thema: Lieber äääh  (Gelesen 1284 mal)

hans beislschmidt

Lieber äääh
« am: Dezember 02, 2021, 10:21:31 »
Lieber äääääh
Bei Gerhard Schröder sagten alle plötzlich "Ich sach ma" und so hat jede Dekade ihre Worthülsen, die fleißig im kleinsten Ortsverein nachgeplappert wurden, auch wenn sie kein richtiges Deutsch waren wie "das macht Sinn".

So wurde auch eine Zeitlang der Begriff "da müssen wir genau hinschauen" durch Presse und Mikrophone gequält. Genauso "Top eins" - auch so ein blöder Begriff aus dem Consulting und Briefingdeutsch, wie sämtliche aufgeblasenen Berufsbezeichnungen wie Consulting Manager oder Senior Sales Operator und ähnlicher Schwachsinn.

Coronaaktuell ist derzeit "wir müssen auf Sicht fahren". Das heißt auf Gut-Deutsch "wir haben keine Ahnung und sind überfordert bis strohdumm. Überhaupt hat Corona die Wortschöpfungen beschleunigt. Wir lesen von Covidioten, Aluhüten, Schwurblern, wie auch von Systemtrompetern, Balkonklatschern und im Zweifelsfall ist die Gegenseite faschistisch, rassistisch oder stigmatisiert.

Gern genommen ist derzeit das berühmte "Narrativ", welches dann Anwendung findet, wenn mehr als drei Sätze zum Thema XY gebraucht werden und schon Fußballspieler vor der Kamera vom Narrativ in der Spielerkabine sprechen.

Im Katastrophentext darf auf keinen Fall fehlen, dass wir in Gedanken bei den Hinterbliebenen sind und dafür gab es ausreichend Anlass in letzter Zeit.

Das Gutmenschendeutsch ist etwas rückläufig, wenn auch "wir sind besorgt / entsetzt / erschüttert hie und da noch benützt werden aber die inflationäre Messerstecher Headline der Bildzeitung hat sich leicht reduziert und damit die Begriffe AfD Nähe und rechtspopulistisches Spektrum. Aber das ist nur ein vorübergehendes Abebben.

Eine neue Ära bahnt sich an und die beliebte Formel "wir schaffen das" oder "das Land, in dem wir gut und gerne leben" wird verschwinden und ich bin gespannt welche rotgrüne Worthülsen als nächstes auftauchen. Sicher bringt Annalenchen den Syntax in vielen Talk Shows gehörig durcheinander und sorgt mit Frau Chebli für ordentliche Kracher.

Wie schön war das damals, als Willi Brandt auf jede Frage erstmal langsam sein Gesicht in Falten legte und dann sehr nasal und noch langsamer sagte "ääähhhhh".

ach ja, fast hätt ich's vergessen .... wann sind wir irgendwo falsch abgebogen? 😂
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)