Autor Thema: Alles verändert  (Gelesen 1227 mal)

hans beislschmidt

Alles verändert
« am: September 11, 2021, 16:04:32 »
Über der neuen Cafeteria in der Metro in Dudweiler hing danals ein Riesenfernseher. Ich wollte mir einen Kaffee holen, als ich sah wie der Flieger in den Tower krachte. Zuerst dachte ich, dass es sich um eine Animation handeln musste aber in den folgenden Minuten wurde klar: - das war echt und live. Immer mehr Kunden kamen  vom Markt herein und starrten ungläubig auf die Bilder. Wir waren alle völlig sprachlos und geschockt, als wir sahen, dass sich Menschen in die Tiefe stürzten um den Verbrennungen zu "entkommen". Dieser Tag hat die Welt verändert. Am nächsten Tag war ich bestürzt, als ich in den Nachrichten die Freudentänze der Menschen in Kairo und anderen arabischen Städten sah. Der Islam hätte sich für die Demütigungen gerächt - so hieß es. Wie bitte? Wie kann man sich freuen, wenn 3000 Menschen sterben? Wir alle wissen, wie viel Terror in den letzten Jahren über Europa hereingebrochen ist. Ich habe ein mulmiges Gefühl seitdem und wechsele lieber die Straßenseite, wenn mir größere Gruppen dieser "Glaubensvertreter" entgegen kommen, obwohl ich natürlich weiß, dass der Großteil der Muslime friedlich ist aber dieser Tag hat alles verändert.
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Alles verändert
« Antwort #1 am: September 11, 2021, 21:27:04 »
Hi Hans!

Bis auf das vorurteilslastige und überzogen verallgemeinernde (wir haben schon darüber gesprochen) Ende deines Gedankengangs ist es mir damals bei 9/11 ganz genauso ergangen! Auch ich war erschrocken ob der jubelnden Burkafrauen und tanzenden Bartträger, und auch ich dachte: wie kann man sich über den Tod von so vielen Unschuldigen so freuen!?

Ich sage es dir: Weil diese Menschen dasselbe taten wie du: Sie verallgemeinerten und warfen alle im "bösen Westen" in einen Topf. Sie sahen keine unschuldigen Opfer, nur zurecht Bestrafte für zig Jahrzehnte der Entmündigung und Ausbeutung durch die Politik der westlichen Kulturen. Sie dachten in zu kleinen Kreisen, weil es ihnen so passte, weil eine rein schwarz-weiße Welt es ihnen einfacher machte, zu hassen und zu handeln.

Sie sahen nur den eigenen Schmerz, das an ihnen begangene Unrecht - nicht die Unschuldigen, die den Terror der Gnadenlosen im Namen ihres Schmerzes erleiden mussten. Für sie hatten ALLE westlichen Bürger sich mitschuldig gemacht, schon allein dadurch ihr Existenzrecht verwirkt, dass sie nichts gegen die Ausbeutungs- und Unterdrückungs-Politik ihrer Führungen unternommen hatten - und es interessierte sie nicht im Mimdesten, dass die Opfer meist gar nichts davon gewusst hatten.

Verallgemeinerung - eins der schlimmsten Grundübel der Menschheit, eine ewige Plage und der Fluch des beschränkten Denkens und engen Herzens. Wechsle also weiterhin die Strassenseite in deiner kleinen, hübsch übersichtlichen Schwarz-Weiß-Welt, anstatt den Mut zu aufzubringen, auf gerade und genau diese Menschen, diese Individuen zuzugehen, sie kennenzulernen und nach dem zu beurteilen, was du wirklich in ihren Herzen findest. Marschier mit denen, die wieder lautstark Ghettos, Ausgrenzung oder - in letzter logischer Konsequenz ihrer Entuferung - Auslöschung fordern. Diese Engschädel findest du in allen Völkern und Kulturen, und sie beurteilen auch alle Völker und Kulturen danach - verallgemeinernd eben.

LG, eKy

Nachtrag:

Nur damit du mich richtig verstehst: Solltest du diese Leute tatsächlich kennenlernen und herausfinden, dass - genau diese - wirklich extremistische Islamisten sind, bin ich der Erste, der sich an deine Seite stellt, wenn sie dich anpöbeln und bedrohen, um sie sprichwörtlich aus dem Dorf zu prügeln!
Aber du solange du das Individuum vorauseilend vorverurteilst und mit unbewiesenen Annahmen arbeitest, kann ich dich nicht als weise bezeichnen.
« Letzte Änderung: September 11, 2021, 23:14:09 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.