Hi Gum!
Ich glaube nicht an dieses kolportierte "humanere" Gesicht der Taliban - sie sind nun mal religiöse Eiferer, die ihrem Anspruch auf Umsetzung ihrer Inhalte verpflichtet sind - schon allein ihrem gnadenlosen und freudlosen Gottesdienst.
Musiksender haben sie bereits abgeschaltet, das Fernsehen wird folgen - zumindest was nichtreligiöse Inhalte anbelangt. Frauen werden wieder nicht mehr das Haus verlassen dürfen, werden gesichts-, recht- und stimmlos sein, nicht zur Schule gehen dürfen, oder Sport betreiben - einfach, weil diese Traditionalisten der fixen Meinung sind, ihr Gott habe dies so für sie vorgesehen.
Alles "Moderne", in den letzten 20 Jahren Erreichte wird abgeschafft werden, aus dem Volk herausgeprügelt. Aber das ist es ja schon gewohnt - warum sonst hat es kaum Widerstand gegeben? Die Militärführung hat die Regierung quasi veraten, zog sich einfach kampflos zurück. Warum? - Weil die Warlords, die ihre Macht nie wirklich verloren hatten, das rigide System im Grunde begrüßen, da es ihnen leichtere Möglichkeiten der perfekten Kontrolle des Volkes gibt - zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil und Machtausbau.
Und das Volk ist kriegsmüde und der Verluste überdrüssig - sie akzeptieren wie betäubt jeden, der ihnen endlich Frieden verspricht, auch um den Preis jeglichen kargen Fortschritts und persönlicher Freiheit.
Die Besatzer der letzten Jahrzehnte haben sträflich verabsäumt, diese alten Strukturen versteinerter Macht in diesem Land zu beseitigen oder zumindest nachhaltig zu schwächen. Die Reichen blieben reich, vereinnahmten viel von den internationalen Milliardenspenden. Die Mächtigen blieben mächtig, lenkten die Geldströme nach ihrem Gutdünken. Die Armen blieben arm oder wurden noch ärmer. Die Taliban tarnten sich, reorganisierten sich, infiltrierten leise und unbemerkt über die Jahre die neuen politischen und militärischen Strukturen, aber auch das Volk selbst, vereinnahmten die Zurückgelassenen und Enttäuschten, und sobald Afghanistan auf eigenen Füßen stehen sollte, zogen sie ihm sofort den Boden darunter weg.
Die Welt wird zusehen und nichts unternehmen - zu viele Verluste ohne erkennbare Wirkung. Und die Menschen dort haben nie gelernt, für sich selbst einzustehen, waren immer nur willenloser, hilfloser Spielball fremder Interessen. Und jene, die es in den letzten 20 Jahren doch lernten, sind zu wenige - sie werden fliehen, schweigen oder sterben. Wer sich immer auf andere verlassen musste, lernt nie Eigenverantwortung für die Gestaltung der eigenen Lebensumstände, bleibt Höriger für Kriegsherren, Gotteskrieger, oder wechselnde Besatzer, die entweder auch nur auf Ausbeutung und Unterdrückung aus waren, oder die nie weise genug waren, diese Kultur der Abhängigen zu durchdringen und von innen her zu reformieren.
Nun wird dieses Land ein weiteres Mal zur Brutstätte aggressiver religiöser Indoktrination werden, Rückzugsort und Ausblidungszentrum für weltweiten Terrorismus im Namen der mittelalterlichen Rechtsauslegung eines altertümlichen Gottesbildes im Schoß einer spätsteinzeitlichen Kulturstruktur.
Wahrer Wandel in einem Volk kann eben nur von innen kommen - von außen "aufgezwungene" Erziehung wird niemals ausreichend greifen. Wo in den Köpfen Mittelalter herrscht, fehlt aufgeklärtem Gedankengut einfach die gewachsene Basis. Wenn der Prediger "keiner von uns" ist, wird man ihm nicht zuhören. So sind die Menschen eben ...
LG, eKy