Hi Agneta!
Oh, Einzelkind war ich ja auch - als ich kam, war mein Unbruder schon erwachsen und aus dem Haus. Er kam nur ab und zu zu Besuch mit seiner Familie, und ich spielte im Vorschulalter dann eine Weile mit seinen Kindern, ein und zwei Jahre jünger als ich, und ich doch deren Onkel: Der Junge zu "brav" (wegen jeder Kleinigkeit: "Da muss ich erst meinen Papa fragen!" oder "Wenn du das machst, sag ich es meinem Papa!"), das Mädchen eine manipulative Heulsuse ("Lasst mich mitmachen, oder!").
Ab der Schulzeit hörte das auf, vielleicht weil mein offenbar kinderkontrollsüchtiger Unbruder meinte, ich sei zu ungezogen und ein schlechter Einfluss für seine gehorsame Brut.
Ich war eben damals schon ziemlich unabhängig, autoritätsanzweifelnd und hatte meinen eigenen Kopf: "Komm, wir spielen im Wald, bauen ein Rindendorf!" (Ca 30 Meter weiter unter den Bäumen gleich hinter dem Haus) - "Nein, da muss ich erst den Papa fragen, und wenn du ohne mich gehst, gehe ich es sagen!".
Nö, ich konnte als kleiner Junge seine Kinder nicht sonderlich leiden ... - oder vielleicht war ich wirklich zu wenig "brav" ... - nur ein weiterer Punkt, um die erwünschte Ansicht meines Unbruders über mich zu bestätigen. Und ich projizierte seine unbewusst doch irgendwie empfundene Ablehnung dann auf seine Kinder: Dominoeffekt. Er als Erwachsener war ja damals für mich universumweit entfernt ...
Später, als ich selbst erwachsen war, habe ich jahrelang um seine Anerkennung gekämpft - chancenlos. Für ihn blieb ich der verwöhnte Bengel, den er in mir sehen wollte. Besuchte ich ihn mit dem eigenen Motorrad (verdient mit Nachhilfestunden, ohne jede finanzielle Beteiligung meiner Eltern), unterstellte er mir, ich wolle mit meinem Wohlstand prahlen und ihn so demütigen, und ich käme ohnehin nur, um mich bei ihm auf seine Kosten vollzufressen, usw ...
Irgendwann habe ich es aufgegeben, mich ihm beweisen zu wollen, und als er unserer Mutter ihre letzten Jahre versäuerte, bloß weil er glaubte, finanziell zu kurz gekommen zu sein bei der Erbschaft meines Vaters (seines Stiefvaters von anno Tobak), habe ich endgültig einen Schlussstrich gezogen.
Nach Mutters Tod versuchte ich es ein allerletztes Mal, ihm unsere Vergangenheit aus meiner Sicht zu erklären, ihm zu zeigen, dass ich mehr war als das kleine verzogene Monster mit Silberlöffel im Arsch, das er einzig in mir sah und sehen wollte. Ich tat es - zugegeben - auch, weil ich dank Hausrenovierung einen finanziellen Engpass hatte und ihn bitten wollte, sein Erbe erst später einzufordern. Er wollte das Geld sofort.
Dummerweise hatte meine Mutter versucht, ihn per Testament komplett auszusperren (wovon ich nichts gewusst hatte und auch erst bei der Testamentsverlesung erfuhr) - was natürlich nicht funktionieren konnte, da er als ihr Sohn zumindest Anrecht auf den Pflichtteil hatte. Natürlich nahm er es MIR übel, so als sei ich der Urheber des Versuchs gewesen, und er drohte mit Klage und jahrelangen Prozessen. Er bekam sein Geld - und suchte gleich vor der Tür des Notariats kommentarlos das Weite, ohne mich noch einmal anzusprechen. Das war das letzte, was ich von ihm sah oder hörte.
Heute, fast 20 Jahre später, habe ich keine Ahnung, ob er noch lebt, oder was seine Kinder oder deren Kinder so tun, wie sie heißen, wie viele es sein mögen usw. - keiner hat je versucht, mich zu kontaktieren. Wundert mich nicht - unser Verhältnis war ohnehin nie herzlich, von Beginn an vergiftet durch meines Unbruders Ablehnung meines Vaters und meiner Person als dessen Nachkomme.
Und meine sozialen Defizite als Grenzasperger haben auch nicht gerade geholfen ... - bloß davon hatte zu meiner Kindheit noch keiner eine Ahnung.
LG, eKy