Hi AL!
Ich bin ein alter Filmenthusiast (mit starker nostalgischer Einfärbung und Vorlieben für die guten alten Schinken der prä-digitalen Ära). Mithin holst Du mich mit diesem Setting Deines Gedichts voll ab!
Also schonmal vorweg ein: Sehr gerne gelesen und danke fürs Einstellen der Zeilen!
Und nach dem ersten Lesen kommt bei mir unweigerlich die Reflexions-Ebene, anders kann ich gar nicht, und ich überlege mir: wie hat der Autor (Avanti Feminismus - aber mit den Binnensternchen und Schluckauf-Gender-I's kann ich mich nicht so recht anfreunden) das jetzt genau gemacht und warum und wozu und hätte man es auch anders schreiben können... usw...
Und bei diesen Grübeleien, die für mich einen wesentlichen Reiz bei einem literarischen Text ausmachen, komme ich hier zu der Frage, ob dieser Text nicht etwas mehr "Blut" gebrauchen könnte. Die Metapher des Lebens-Films, der jetzt beim Schnittmeister liegt (vom Schnittmeister ist es wahrlich nicht mehr weit zum Schnitter), wird schön eingeführt, aber nicht wirklich ausgeführt. Der Text bleibt relativ abstrakt.
Ich versuche mit einem Gegenentwurf zu erklären, was ich mit "mehr Blut" (im Sinne von größerer Konkretizität) meine:
Ich war beim Film.
Viele Rollen.
Aber nie Regie.
Ich war die schöne Leiche
in der ersten Szene,
das Gesicht in der Menge,
der Mörder mit der Maske,
der Side-Kick des Helden,
Frankensteins Monster,
die Slapstick-Einlage
beim Abspann.
So viele Bilder bis
zum Happy End.
Noch ist der Saal dunkel,
Musik begleitet
die Namen der Hauptdarsteller.
Also: Noch ist Zeit.
Wer möchte ich gewesen sein,
wenn ich nicht mehr bin?
Ich hoffe mit diesem Entwurf (wirklich nur ein grober Impuls, kein fertiger "Verbesserungsvorschlag") wird ungefähr klar, was ich meine: Es lohnt sich eventuell die Menge an "Mitteilungen" im Gedicht etwas zurückzufahren und die Menge an "Bildern" zu erhöhen. Gerade (aber nicht nur) bei einem Gedicht mit filmischem Aufhänger.
LG!
S.