Autor Thema: Versuch über die Kunst  (Gelesen 517 mal)

Sufnus

Versuch über die Kunst
« am: Dezember 19, 2020, 15:49:26 »
Versuch über die Kunst

Sonette schreiben? Keine Kunst!
Der Herztakt wird beim Reim verstellt.
Statt sinnbeflügelt: sprachgebügelt,
die Lust in feste Form gefasst.

Der Geist, als Gast im Kuckucksnest
aus Imagination und Welt,
ist den Verlusten anvermählt,
die uns das Schöne spüren lässt.

Von weit her kommt, was uns bewegt:
So sternenalt in dem Asyl

der Ichmaschine Mensch geborgen

und dort zum Nießbrauch hinterlegt.
Die Schönheit, dieses Hasch-mich-Spiel,
verleiht dem Dasein seinen Morgen.





« Letzte Änderung: Dezember 19, 2020, 21:44:39 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Versuch über die Kunst
« Antwort #1 am: Dezember 19, 2020, 21:50:26 »
Hi SuF!

Ausgesprochen gut geschrieben, formal wie inhaltlich! Bloß in der finalen Zeile hätte ich geschrieben: "verleiht dem Dasein all sein Morgen."

Was auffällt:

S1 hat keine Reime (abgesehen vom Binnenreim in Z3), bestenfalls das "verstellt" in Z2 kann als (nicht gänzlich reiner) Reim zu S2Z2 gelten. Das dortige "Welt/anvermählt" ist aber auch nicht total sauber ...
Der Reim "Asyl/Spiel" ist auch nicht rein, aber - wie alle anderen hier - doch verwendbar.


Versuch einer Richtigstellung der Kunst  ;):

Sonette schreiben? Welche Pest! (oder: "Wortinzest!")
Der Herztakt wird beim Reim verstellt.
Statt sinnbeflügelt spracherhellt,
wird Lust in feste Form gepresst.

Der Geist, als Gast im Kuckucksnest
aus Imagination und Welt,
ist den Verlusten anvermählt,
die uns das Schöne spüren lässt.

Von weit her kommt, was uns bewegt:
So sternenalt in dem Asyl

der Ichmaschine Mensch geborgen

und dort zum Nießbrauch hinterlegt.
Die Schönheit, dieses Hasch-mich-Spiel,
verleiht dem Dasein all sein Morgen.


Sehr gern gelesen und die Variation genossen!  :)

LG, eKy

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