Autor Thema: Schroffe Zurückweisung  (Gelesen 988 mal)

Erich Kykal

Schroffe Zurückweisung
« am: Oktober 21, 2020, 13:26:09 »
Ein Wort nur, eine Geste, kühl und aberkennend,
genügen schon – man fühlt sich jäh zurückgewiesen.
Man denkt an Gründe, überlegt und nagt an diesen,
auch wenn sie schwer im Magen liegen, scharf und brennend.

So leichthin schleudern wir umher, was ewig trennend
die Seelen leidend auseinander treibt, als ließen
wir kein Gefühl für andere die Lücke schließen,
für immer uns in Rücksichtslosigkeit verrennend.

Das Kalte fällt uns leicht, wo wir an Wärme scheitern,
vor allem dort, wo wir sie schroff verweigert sehen,
und wir zu gern an Häme oder Arglist glauben.

Wir müssen dringend unser Selbstgefühl erweitern!
Wer in sich ruht, lehrt andere, in sich zu gehen
und dort zu schenken, wo sich andere berauben.
« Letzte Änderung: Juli 24, 2022, 20:20:59 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #1 am: Oktober 21, 2020, 20:19:11 »
hallo erich,

das kennen wir alle: der zeitgenosse, dessen schlechte laune über uns gegossen wird, das "nein", wo wir ein "ja" erhoffen, die erwartung, die sich nicht erfüllt hat....

wär ja ganz gut, wenn man über alles und jedes so erhaben sein könnte, dass man niemals mehr betroffen wäre - menschlich wäre es allerdings nicht.
wer unberührt von allem ist, kann auch keine empathie mehr empfinden für andere.

ich sehe das problem weniger in der betroffenheit, denn in dem inwendigen gegrübel "warumwiesoweshalb"?

da wärs wohl besser, der verbalen speerspitze die schärfe zu nehmen und den wortschleuderer zu stellen. manches "verbalmagenreiberl" passiert eher unwissentlich und ohne böse absicht. manches trifft auch nur aufgrund eigener empfindlichkeit. klären lässt sich das aber nur im gespräch.

dann muss auch nix mehr "ewig trennen" - und letztlich gibts ja auch die methode "verzeih mir - ich verzeihe dir".

wo gehobelt wird, fallen späne!
shit happens! und nicht alles, was
ein anderer an sprüchen auslässt, muss man sich als letztgültiges urteil über die eigene person einstecken!

ach ja, das in sich ruhen!
gute idee!
daran üben wir doch alle!😉

lg, larin

Erich Kykal

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #2 am: Oktober 21, 2020, 22:09:05 »
Hi larin!

Das obige Werk ist eigentlich eine Lanze, die für die Selbstsicherheit gebrochen wird.

Was geschieht mit dem Unsicheren, dem, der Selbstzweifel hegt und sich wenig Wert beimisst? Jede Zurückweisung ist ihm unerträglich - harmoniesüchtig versucht er, mit jedem gut auszukommen, jeden für sich einzunehmen, koste es, was es wolle. Je überraschender und schroffer eine "Abfuhr", wofür auch immer, desto zwanghafter versucht er, sich ins rechte Licht zu rücken, gemocht zu werden - und erreicht oft nur das Gegenteil, wird als manipulativer Schleimer, unterwürfig oder willensschwach wahrgenommen.

Wer seine Bedürftigkeit nach Anerkennung und dauernder Bestätigung so spürbar vor sich herträgt, erregt bestenfalls Mitleid, schlimmstenfalls Ekel.

Irgendwann lernt das jeder, der nicht von Beginn an als Alphatierchen aufgewachsen ist. Was also tun? Viele werden lieber zu Tätern, schürzen Selbstsicherheit vor, und reagieren kalt und arrogant auf jede gebotene Wärme - aus Angst vor erneuter Zurückweisung weisen sie lieber selbst zurück, sobald sie in eine Lage geraten, in der sie unsicher sind. Ihr Selbstwert hängt von dem Bild ab, das sie anderen vorspielen, weil sie selbst keinen haben, warum auch immer. Zumindest so wenig, dass sie, wenn sie sich gefühlsmäßig öffneten, ein erneutes Abblocken durch jene, deren Meinung zu eigenen Person ihnen gerade wichtig ist, nicht ertügen, als allzu herabwertend empfänden.

Wer "in sich ruht", also nicht in solchem Ungleichgewicht verharrt, kann mit Kritik oder Zurückweisung adäquat umgehen, da er seine Meinung von sich selbst nicht davon anhängig macht, was er in anderer Augen zu erkennen glaubt.


Vielen Dank für deine guten Gedanken!  :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: M?RZ 06, 2022, 12:07:58 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #3 am: Oktober 21, 2020, 22:53:40 »
Lieber Erich,

eine gelungene Darstellung der Gefühllosigkeit und ihrer Folgen und ein sehr wesentlicher Rat zu ihrer Überwindung.

Mit Freude gelesen.
Gute Nacht wünscht dir gummibaum


Erich Kykal

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #4 am: Oktober 21, 2020, 23:14:20 »
Hi Gum!

Vielen Dank für die Honneurs, und auch dir eine Gute Nacht!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #5 am: Oktober 27, 2020, 18:58:15 »
Ich lese es so ein bisschen wie"  Liebe deine Feinde".
Wer in sich ruht, kann Wärme, Liebe und Halt schenken, das stimmt. Verhindert aber nicht, dass auch ihn schroffe, ablehnende Worte treffen. Es gehört viel menschliche Größe und Abgeklärtheit dazu, in solch einem Moment nach der Befindlichkeit des Schroffen zu fahnden, um ihn zu verstehen. Dies wäre durch und durch christlich und für meine Begriffe für einen normalen Menschen nicht leistbar.
Ein gutes Werk, lieber Erich, über das ich gerne nachdenken will. LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #6 am: Oktober 27, 2020, 19:10:06 »
Hi Agneta!

Zugegeben, es hat was Buddhistisches. Und ja, es ist nicht leicht, sich auszuklinken, obwohl einem Unrecht widerfährt. Ich habe in jungen Jahren viel gestritten um das, was ich als Unrecht mir gegenüber oder als mein Recht betrachtete, bis ich merkte, dass es letztlich (fast) nur Energieverschwendung war.
Entweder die Opposition war zu dumm oder unreif, meine Argumente nachzuvollziehen, oder, was meistens der Fall war, sie handelte bewusst zu meinen Ungunsten, um mich zu demütigen oder zu reizen, oder weil sie die Macht genossen, die ich ihnen verlieh, wenn ich brav immer wieder explodierte! Die dachten, sie hätten so eine Art Fernsteuerung für mich, und eine Weile hatten sie sogar Recht damit. Schaut den Deppen an, man braucht nur den richtigen Knopf zu drücken, und er tanzt! Lustig!

Wer seine Fehler gar nicht begreift, an den ist jede Mühe verschwendet, und wer sich bewusst deiner Schwächen bedient, wird sicher nicht durch Argumente zu bekehren sein. Was bleibt? Der Klügere sein, gar nicht reagieren, es abprallen, an sich abgleiten lassen. Aggression braucht Opposition - wenn nichts zurückkommt, läuft sie ins Leere.
Auch bei Zurückweisung - einfach akzeptieren, freundlich lächeln, die Schultern zucken und sich seine Dosis Sozialkontakt eben woanders besorgen.  ;)
Es hilft, wenn man dabei denkt: Dein Handeln verrät mehr über dich als über mich.

LG, eKy
« Letzte Änderung: Oktober 29, 2020, 11:44:19 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #7 am: Oktober 29, 2020, 09:37:28 »
da hast du sicherlich recht, lieber Erich. Dass man mir bewusst schaden wollte und so eine Art "Fernsteuerung" einbaut, das habe ich bisher noch nicht erlebt. Du erzähltest ja schon oft von deinen Kindheitserlebnissen mit anderen. Jetzt mit meiner Nachbarschaftsgeschichte ist es irgendwie so, denke ich.
Ich hatte mir schon vor deinen Zeilen hier, die mich nun bestätigen, vorgenommen, ganz anders zu reagieren, als sie vermuten. Ich habe den Initiator nicht mehr gegüßt, nun tue ich es. So bissig und ironisch und er tobt wie Rumpelstilzchen.
Eine gute Taktik. >:D ;D
LG und uns allen wünsche ich, dass wir solchen Menschen nicht mehr begegnen müssen.
LG von Agneta

AlteLyrikerin

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #8 am: November 12, 2020, 13:52:58 »
Hi Erich,


wie schön gedichtet, wie wahr, und wie wenig gelebt! Wäre wirklich toll, Gedichte hätten eine bildende Wirkung - im Sinne von Menschen zu Besserem zu befähigen.


Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Schroffe Zurückweisung
« Antwort #9 am: November 12, 2020, 17:23:45 »
Hi AL!

Die bildende, vielleicht wegweisende, wesensverbessernde Wirkung - für mich ein Grundbedürfnis in meinem lyrischen Anspruch, solang es nicht schulmeisternd oder herablassend rüberkommt. Da kann man auch viel falsch machen!

Natürlich bleibt es stets dem Leser überlassen, ob und in welchem Ausmaß, respektive in welcher Weise er sich bilden, den Weg weisen und/oder wesensverbessern lassen will!  ;)

Vielen Dank für diese Denkrichtung!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.