Autor Thema: Von Riva nach Como  (Gelesen 1153 mal)

hans beislschmidt

Von Riva nach Como
« am: Oktober 06, 2020, 12:28:01 »
Wir fahren donnernd durch Arkaden,
vertrauen blind auf Licht und Schatten,
durchstechen leichte Nebelschwaden,
vergessen alles, was wir hatten,

denn nur die Klänge der Motoren,
die mit dem Gaszug sich verändern,
ist die Musik in unseren Ohren,
macht uns zu Raum- und Zeitverschwendern.

Kommt eine Grußhand uns entgegen,
ist es nicht nur ein schlichtes Winken,
es ist wie Sonne nach dem Regen.
Der Lago grüßt mit fernem Blinken.

Erichs Version
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Alte Version

Wir fahren donnernd durch Arkaden,
vertrauen blind dem Licht und Schatten,
durchstechen leichte Nebelschwaden,
vergessen alles, was wir hatten,

denn nur die Klänge der Motoren,
die mit dem Gaszug sich verändern,
ist die Musik in unseren Ohren,
macht uns zu Raum und Zeitverschwendern.

Wenn eine Grußhand kommt entgegen,
ist es nicht nur ein schlichtes Winken,
es ist wie Sonne nach dem Regen.
Der Lago grüßt mit fernem Blinken.
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https://1.bp.blogspot.com/-skJJhFLJ71g/X3xEQF50LOI/AAAAAAAAIgg/o1nhAYiB3b4Tu_tTWfaMVRN01-wTjJzZQCLcBGAsYHQ/s1885/20201006_115432.jpg

« Letzte Änderung: Oktober 06, 2020, 16:05:43 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

AlteLyrikerin

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #1 am: Oktober 06, 2020, 13:10:05 »
Lieber Hans,

das wunderbare Gefühl durch eine schöne Landschaft zu touren kenne ich auch. Allerdings nur als Sozia auf einer Triumph Bonneville SE.
Dabei ist mir das Motorengeräusch nicht so musikalisch präsent. Vielleicht ticken Männer da einfach anders als Frauen. Für mich ist es einfach atemberaubend mit der freien Sicht in die Natur zu fahren; man sitzt ja wesentlich höher als im Auto und hat keine Beschränkung der Sicht durch die Karosserie. Kurven fahren liebe ich auch sehr, aber nur, wenn ich dem Fahrer vertrauen kann.
Das besondere Gefühl mit dem Motorrad unterwegs zu sein, hast Du wirklich gut beschrieben.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #2 am: Oktober 06, 2020, 15:04:40 »
Hi Hans!

Schönes Loblied aufs Motorradfahren, hab auch mal sowas geschrieben. Bloß was ist mit den "Arkaden" gemeint? Einkaufszentren oder Renaissance-Innenhöfe werden ja wohl nicht gemeint sein ...  ;) Manche Gebirgsstrecken sind teilweise überdacht und haben talwärts Säulenreihen, meist vor oder nach einem Tunnel. Ist das gemeint? Falls ja, wären es genau genommen keine Arkaden, denn so bezeichnet müssten es Rundbögen sein, die sich über Säulen spannen.

S1Z2 - Bei Verwendung von "dem" hier müsstest du genau genommen das "dem" vor "Schatten" noch einmal wiederholen, um auch dafür den Dativ zu definieren. Oder du definierst das dem "dem" Folgende als zusammenhängende Phrase, zB: "vertrauen blind dem Licht- und Schattenspiel,". Altern.: "auf".

S2Z4 - Bindestrich an "Raum" dranhängen.

S3Z1 - Vermeidung der Inversion: "Kommt eine Grußhand uns entgegen,"

Alle Tipps angewendet:

Wir fahren donnernd durch Arkaden,
vertrauen blind auf Licht und Schatten,
durchstechen leichte Nebelschwaden,
vergessen alles, was wir hatten,

denn nur die Klänge der Motoren,
die mit dem Gaszug sich verändern,
ist die Musik in unseren Ohren,
macht uns zu Raum- und Zeitverschwendern.

Kommt eine Grußhand uns entgegen,
ist es nicht nur ein schlichtes Winken,
es ist wie Sonne nach dem Regen.
Der Lago grüßt mit fernem Blinken.


Insgesamt gelungen! Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #3 am: Oktober 06, 2020, 16:02:20 »
Liebe AL,

Ja, so ist es gedacht. Irgendwer hat mal gesagt: - wir gehen die Erdachse ölen.  Es ist die Hingabe an das Fahren, die uns die Welt unter den Rädern durchschiebt und dir nicht mal erlaubt dich an der Nase zu kratzen. Auf Touren fahre ich nach dem Frühstück los, bis es dunkel wird, ohne genaues Ziel und manchmal habe ich auch auf einer Bank geschlafen, weil es keine Unterkunft mehr gab. Leider fährt meine Frau nicht mehr mit, nachdem wir uns an der Costa Brava in einem läppischen Kreisverkehr "abgelegt" haben. Das ist sehr schade aber ich kann das verstehen. Danke und eine schöne Woche, Gruß vom Hans

Hi Erich,

Gut gesehen Herr Fitzelheimer. ;D

Die Arkaden sind Straßenüberbauten, die vor Steinschlag und Lawinen schützen. Üblicherweise sind sie halbseitig mit Stützpfeilern ausgebaut, was diesen Licht/Schatten Effekt bewirkt. Auch sind an den Lagos entlang der Uferstraße viele Tunnels zu durchfahren, welche ebenfalls diese Lichtspiele begünstigen. Ich sehe also Licht und Schatten, wie du vermutet hast als eine Einheit. Die Grußhand ... nun ja, deine Version klingt gut und ich werde deine überarbeitete Version gerne übernehmen.

Und noch was .... mach die Yamaha wieder fit ich schwing deinen faulen A***** in den Sattel. Es wird gut tun, glaub das einem alten Mann. Gruß aus dem schönen Bliesgau vom Hans
brumm brumm

.
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

a.c.larin

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #4 am: Oktober 07, 2020, 07:57:45 »
hallo hans,

nun hab ich die faszination des motorradfahrens mal aus der innensicht des fahrers mitlerlebt, vielen dank!
so kann ichs einigermaßen nachvollziehen.

ich selber kann der sache ja nur wenig reiz abgewinnen.
das liegt zum teil darin, dass ich mir in jugendjahren einge male die haxn an diversen zweiradauspüffen verbrannt hab  und beim mitfahren auf der "pupperlhutschen" ( zu gut deutsch: soziussitz) immer todesängste ausgestanden habe.   
(das wiener kopfsteinpflaster und die fahrweise 17-jährger jungmänner  waren mir da nur wenig vertrauen erweckend)

in einem anderen faden ( weiß jetzt nicht mehr, wo)  hast du einen link zu deinen motorradreisen eingestellt.
da hab ich mich auch  mal hintendrauf gesetzt und bin heimlich mitgefahren.  :)
war im großen und ganzen nett  - nur beim bergabfahren und diversen überholmanövern stelle ich fest:  es ist einfach nicht mein ding!

liegt nicht an dir - mir sind bergstraßen generell suspekt, auch im auto. hätte sogar meinen eigenen mann in jungen jahre um ein haar abserviert, als er  einen holländischen caravanfahrer  auf der turracherhöhe bergab überholte! ( damals noch  wirklich steil!)
er erklärte mir zwar nachher, dass es notwendig war (denn monsieur le caravan stand andauernd auf der bremse und fuhr um einen tupf zu langsam, sodass bei unserem wagen - einem volvo mit automatik- die bremsen heiß wurden),
aber der schrecken steckt mir wahrscheinlich noch bis heute in den knochen.

ich mag kurvige bergstraßen einfach nicht - auch wenn die landschaft, die man dabei sieht, wunderschön ist.  ich fahr sie nicht einmal selber gerne. mitfahren heißt für mich immer: irgendwie stress! (und der meinige liebt nichts mehr als berge und bergstraßen!!!!!)

beim motorradfahren sollten herren, die in die jahre kommen, bitte, sehr vorsichtig sein. die reaktionsschnelligkeit
lässt einfach nach.
man hört immer wieder, dass ein älterer fahrer (60 +) sich erst in die botanik  und dann in die ewigen jagdgründe verabschiedet hat:
gebt acht auf euch, burschen!

mit beiden beinen lieber auf dem erdboden,
larin




« Letzte Änderung: Oktober 07, 2020, 07:59:47 von a.c.larin »

hans beislschmidt

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #5 am: Oktober 07, 2020, 10:03:55 »
Hallo Larin,

Nach dem Crash in Spanien hat meine Frau dieselben Beifahrer-Kurvensymtome wie du. Das lässt sich auch nicht mehr richten. Verständlich, wenn ich an ihre Beinschiene denke.

+++++!

Es IST gefährlich und genau genommen sollte man gar nicht auf die Straße, egal mit welchem Vehikel. Dem entgegen spricht der Umstand, dass das vollversorgte Dasein einen weichen Wattepack bereithält, der für den Menschen völlig untypisch ist, denn die jetzigen Lebensumstände sind anthropologisch gesehen erst seit 70 Jahren relevant. Nun könnte man sich ja glücklich schätzen, dass wir als erste Generation ein Solches geschafft haben aber innerlich existiert doch ein Etwas, welches nicht fassbar oder greifbar ist. Manche nennen es den Atem des Lebens, der immer von der Endlichkeit und dem Todesbewußtsein "beseelt" ist,  andere nennen es Gravitation des Daseins, mit Lust zum Risiko. Man kann es rational nicht erklären und auch denjenigen, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, kann man es auch nicht schmackhaft machen.

++++!

Das Umweltbewusstsein hat in Deutschland und Österreich dazu beigetragen schöne Bergstrecken mit Bikersperren zu belegen und so rutschen 5 Millionen Biker über Nacht in die Schublade der Gesundheitsgefährder, die mit Krach und Gestank an der Lebensqualität der anderen kratzen.

Und gerade beim Thema Gesundheitsgefährder ist seit Drosten Schluss mit lustig in Deutschland.

Niemand kann zur Zeit sagen in wie weit Motorradfahren in nächster Zeit noch erlaubt ist ..... Wenn durchgeknallte Dorfpolitikerinnen ganze Ortschaften und Bundesstraßen für Biker sperren wollen, schwingt sich ein Mob von sendungsbewußten Gutmenschen auf mit ihrer Gaga-Argumentation die Straßenverkehrsordnung, die 75 Jahre gehalten hat, auf den Kopf zu stellen. Im Zuge der durchgeframten Pandemie ist derzeit alles möglich und ich tippe auf den wirtschaftlichen Totalkollaps im nächsten Jahr.

Mein persönliches Fazit ist ....

Jeder Tag mit dem Moped ist ein schöner Tag, auch im Winter gibt es immer wieder Tage, wo ich das Auto stehen lasse und mit dem Moped fahre. Unvernünftig mit 66 Jahren, ich weiß.

Liebe Grüße aus dem Bliesgau vom Hans

« Letzte Änderung: Oktober 07, 2020, 12:09:36 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #6 am: Oktober 07, 2020, 13:11:03 »
Hi ihr!

Als alter Biker muss ich dazu auch mal was ablassen. In den letzten Jahren hat meine Begeisterung zwar nachgelassen, vielleicht hab ich das irgendwie durch, aber ich erinnere mich!

Allerdings widerspreche ich Hans in einem Punkt: Es lässt sich durchaus auch wissenschaftlich erklären, warum der Mensch das Risiko, den Nervenkitzel sucht. Heute haben Kino, Sportevents und Jahrmarktsfahrgeschäfte diesen Bedarf übernommen. Auch gewisse sog. "Risiko"-Sportarten befriedigen das, was man den klassischen Adrenalin-Junky nennt. Bloß ist das eben auch nicht das "Echte" - darum gehen viele Jungmannen freiwillig für den Dschihad kämpfen, teilweise darum gibt es überhaupt Krieg, oder Gladiatorentum für die Zuschauer: Wenn der ultimative Preis das Leben selbst ist, nur dann fühlen manche, ob Publikum oder Teilnehmende, sich erst selbst so recht lebendig. Das dem Riskierenden bewusste Risiko macht das Leben intensiver erlebt, wahrgenommen. Und das kann süchtig machen.

Hans hat Recht, wenn er sagt, dass der Mensch nicht für Wohlstand und Sicherheit gemacht ist. Heutzutage fehlt die Mammutjagd, oder die ewige Fehde mit dem Nachbarsstamm ...  ;) ::) >:D Der Mensch wurde und hat sich selbst jahrzehntausendelang auf Herausforderung durch Jagd und Kampf gezüchtet. Nur die Sieger, die Krieger, die willigen Streiter und erfolgreichen Versorger pflanzten sich mehrheitlich fort. Nischen gab es für die anderen bloß als Arbeitsdrohnen, Sklaven, Priester, Medizinmänner oder Geisterfrauen ... - und die meisten von denen durften nie ...

Wen wundert's, dass vielen die heutige Rundumsicherheit irgendwie zu wenig erscheint, um sich wirklich befriedigt zu fühlen. Sie brauchen ein Ventil, einen Katalysator für das Erlebnis der Todesgefahr, das die Sinne intensiviert, den Geist fokussiert und die Reserven mobilisiert, sozusagen das System durchputzt und die Kanäle reinigt!
Und manche steigen dann eben auf's Motorrad, wohl eingedenk der potentiellen Gefahr - aber eben auch gerade deshalb.

Das wundervolle Gefühl des Halb-Fliegens, Halb-Schwebens dabei, wenn man sich von einer Kurve in die andere legt, tut ein Übriges dazu ...  ;) Man spürt den Wind, die Wärme der Sonne, riecht die Düfte am Wegesrand, da selbst den Regen fühlt man direkt auf der Haut - alles erscheint intensiver, tiefer, reicher, bleibt länger in Erinnerung als Momente von Magie und Schönheit. eine Art von Trance, von Selbsthypnose - wenn man ganz im "Drive" ist, im Gleiten, im Rhythmus der Landschaft ... eins mit dem Herzschlag von Natur und Erde ... losgelöst vom Menschseinmüssen, Reisen, ohne sich kaum selbst bewegen zu müssen, und doch ganz aufgegangen in der Bewegung an sich ... empfangen vom Erleben und das Erlebnis empfangend ...

Hier eins meiner älteren Sonette, das in diesem Geist verfasst wurde:

In Sonnenglut, gewahr der großen Stunden,
wenn sich das Land dem Schauenden verspricht
wie eine Schönheit, die ins wahre Licht
geblinzelt hat und dann zu sich gefunden,

entbietest du, dem Ewigen verbunden
für ein paar Augenblicke von Gewicht,
dem Erdenkreise deinen Gruß, und nicht
Bewältigtem erahnst du dich entwunden.

Sind dies die Kostbarkeiten eines Lebens,
da sich die Wunder alle neu erklären
für die Momente, die das Staunen währt?

Aus solchen Gnadenbildern des Enthebens
gerinnt Erinnerung, denn sie gewähren
uns einzig diese, selig und verklärt.

Es ist zwar von der Motivation her leicht, aber als die Sinne und den Wesenskern entflammendes Gesamtpaket schwer zu erklären. Ich hoffe, es ist mir annähernd gelungen.  :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: Oktober 07, 2020, 13:47:33 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #7 am: Oktober 07, 2020, 19:32:11 »
Ja, das ist dir gut gelungen Erich. Und? Juckt die Gashand nicht? Gruß vom Hans
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Von Riva nach Como
« Antwort #8 am: Oktober 07, 2020, 20:07:53 »
Hi Hans!

Um ehrlich zu sein - wenn man alles zusammennimmt, bin ich in den letzten Jahren keine 1000km gefahren. Heuer saß ich nur eine knappe dreiviertel Stunde im Sattel, und das war's. Im Moment fühle ich mich auch einfach zu fett, zu unästhetisch dazu. Meine Kluft passt mir längst nicht mehr, ich fahre nur noch, wenn es heiß genug ist für T-Shirt und Kutte. Sollte ich es schaffen, mich mal nachhaltig herunterzuhungern, mag wieder Interesse bestehen, mir so die Welt eigen zu machen ...

Irgendwie scheint noch ein Funke zu glühen, denn sonst hätte ich das Eisen längst abgemeldet und eingemottet, schon aus Kostengründen. Aber jedes Jahr montiere ich wieder das Taferl und bau die Batterie ein ... - und bleib dann doch daheim.  ::) Keine Ahnung, was das soll.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.